Der teilrechtsfähige Verband der Wohnungseigentümer kann durch Beschluss die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums an sich ziehen.
Sachverhalt
In einem Rechtsstreit zwischen Bauträger und Erwerber ist streitig, ob und wann die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgt ist. Im Jahr 2008 wurde durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Beschluss gefasst, wonach der Verwaltungsbeirat zur Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums namens der WEG und der einzelnen Erwerber bevollmächtigt werden solle. Der Abnahmetermin solle allen Eigentümern eine Woche vorher schriftlich bekannt gegeben werden, um deren Teilnahme zu ermöglichen.
Mit einem Schreiben vom 02.06.2008, welches zwar von der Verwaltung aus versandt, jedoch durch die Mitglieder des Verwaltungsbeirates unterzeichnet wurde, erfolgte eine Information an den Bauträger über die Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirates mit der Erklärung der Abnahme. Das Schreiben enthielt die Überschrift „Abnahme, Mängel“. Es wurden ferner Mängel gerügt und der Hinweis erteilt, dass die Schlussrate erst nach vollständiger Mängelbeseitigung fällig werde.
Hintergrund
Bei der Abnahmeerklärung handelt es sich um die Erklärung des Erwerbers gegenüber dem Werkunternehmer, dass er dessen Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgemäß akzeptiert. Der Werkunternehmer hat gegen den Auftraggeber einen Anspruch auf Abgabe der Abnahmeerklärung, wenn die Voraussetzungen vorliegen.
Bei Erwerb einer Eigentumswohnung vom Bauträger richtet sich die „wesentliche Mangelfreiheit“ danach, ob der Bauträger die im Vertrag mit dem Erwerber eingegangenen Verpflichtungen im Wesentlichen erfüllt hat. Den übrigen Erwerbern ist dabei im Zweifel nicht bekannt, welche Vereinbarungen zwischen dem Bauträger und dem betroffenen Erwerber gelten.
Vor diesem Hintergrund ist es umstritten, ob die Wohnungseigentümer über die Erteilung der Abnahme überhaupt beschließen dürfen. Dafür wird angebracht, dass der Verband der Wohnungseigentümer völlig unzweifelhaft die Ausübung der Mängelrechte gegenüber dem Bauträger durch Beschluss an sich ziehen darf. Dagegen wird angebracht, dass es sich bei der Erklärung der Abnahme um eine individuelle Pflicht des jeweiligen Erwerbers handelt und die übrigen Erwerber nicht die Kompetenz haben, über den Kopf des einzelnen Erwerbers hinweg Mängel zu akzeptieren.
Die Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht gab dem Bauträger recht. Es ging davon aus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft wirksam über die Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirates mit der Erklärung der Abnahme beschlossen hat. Es schloss sich der Auffassung an, die in dem Beschluss über die Erklärung der Abnahme eine Parallele zum Beschluss über das Ansichziehen der Mängelrechte gegen den Bauträger sieht.
Anmerkung
Mit der Entscheidung des Landgerichts München I liegt nunmehr die nach hiesigem Überblick dritte Entscheidung zu dieser Frage vor. Neben dem Landgericht München I haben bereits das Amtsgericht München sowie das Amtsgericht Tettnang eine Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Beschlussfassung über die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums angenommen. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage noch aussteht. Bis dato hat sich der Bundesgerichtshof hinsichtlich der gemeinschaftlichen Abnahme in einer Entscheidung aus dem Jahre 1985 lediglich dahingehend geäußert, dass die Belange der Wohnungseigentümer nicht zwingend eine gemeinschaftliche Abnahme erfordern. Diese Entscheidung wird teilweise so interpretiert, dass es wegen dieses Fehlens eines Erfordernisses keine Grundlage für das Ansichziehen eines Abnahmebeschlusses gibt. Andererseits allerdings hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung eine gemeinschaftliche Abnahme nicht ausgeschlossen. Nach seiner in dem Urteil vertretenen Auffassung ist eine gemeinschaftliche Abnahme nicht zwingend erforderlich. Gleichwohl bleibt es möglich, dass die Entscheidung über die Erteilung der Abnahme per Beschluss in das Ermessen der Wohnungseigentümer gelegt wird.