Ausnahmsweiser Anspruch auf Kosten vorgerichtlicher Anwaltsmahnung bei Großvermietern

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

AG Schöneberg, Urteil vom 21.06.2012, Az. 106 C 61/12

Die Kosten einer vorgerichtlichen Anwaltsmahnung sind auch für einen gewerblichen Großvermieter ersatzfähig, wenn der Mieter zuvor auf Mahnungen des Vermieters nicht reagiert hat

Sachverhalt

Der Mieter hatte einen Nachzahlbetrag aus einer Betriebskostenabrechnung nicht geleistet. Er wurde durch den Vermieter in der Folge über Monate hinweg gemahnt. Die Mahnungen blieben jedoch ohne Reaktion. Der Vermieter beauftragte daraufhin einen Rechtsanwalt mit der weiteren Verfolgung seiner Ansprüche. Die mit der Beauftragung des Rechtsanwalts entstandenen außergerichtlichen Gebühren wurden schließlich gerichtlich als Verzugsschaden geltend gemacht.

Hintergrund

Grundsätzlich hat der Schuldner dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass sich der Schuldner mit der durch ihn zu erbringenden Leistung in Verzug befindet. Vor dem Hintergrund dieses Rechtssatzes ist es selbstverständlich, dass der Vermieter vom Mieter dann die Kosten eines beauftragten Rechtsanwalts verlangen kann, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts während des Verzugs des Mieters erforderlich wurde.

Ende 2010 hat der Bundesgerichtshof hierzu allerdings entschieden, dass in einem tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fall ein gewerblicher Großvermieter für die Abfassung einer auf Zahlungsverzug gestützten Kündigung keiner anwaltlichen Hilfe bedürfe. Erfolge die Beauftragung gleichwohl, so seien die in diesem Zusammenhang ausgelösten Kosten zur Durchsetzung seiner Rechte weder erforderlich noch zweckmäßig. Da ein Schadenersatzanspruch nur erforderliche Kosten erfasse, sei eine Ersatzpflicht in einem derartigen Fall zu verneinen.

Entscheidung des Amtsgerichts

Das Amtsgericht verurteilte den Mieter zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass in solchen Fällen, in denen sich der Mieter über Monate im Zahlungsverzug befindet und auf direkte Mahnungen nicht reagiert, von einem einfachen Fall nicht ausgegangen werden könne. Auch für einen rechtlich bewanderten Gläubiger sei es daher erforderlich und zweckmäßig, in einem solchen Fall einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner Ansprüche zu beauftragen. Nachdem der Mieter auf Mahnungen des Vermieters nicht reagiert hat, könne dieser durchaus davon ausgehen, dass eine Reaktion auf Mahnungen durch einen Rechtsanwalt erfolgt.

Anmerkung

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Völlig zu Recht weist im Übrigen das Gericht darauf hin, dass der Vermieter durch einen Anwalt trotz der bisher unterbliebenen Reaktion des Mieters noch einmal außergerichtlich mahnen durfte; damit handelte er sogar eher im Interesse des Mieters als in seinem eigenen Interesse. Durch die zunächst erfolgte Versendung einer Mahnung hat der Rechtsanwalt dem Mieter die Möglichkeit geboten, die im Vergleich dazu weitaus höheren Kosten einer sofort erhobenen Klage zu sparen. Diese Möglichkeit hatte der Mieter im Übrigen auch genutzt.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht