BGH: Ausübung eines Anpassungsrechts unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis.

    • Gewerberaummietrecht
    • Mietrecht

BGH, Urteil vom 05.02.2014, Az. XII ZR 65/13

Der BGH hat sich mit den Fragen beschäftigt, ob die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Anpassungsrechts dem Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB unterliegt sowie ferner, ob die Wahrung der Schriftform gegeben ist, wenn der Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses an die Übergabe des Objekts geknüpft wird.

Sachverhalt

In dem vom XII. Senat zu entscheidenden Fall macht die Klägerin als Vermieterin gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aus einem Mietvertrag über Gewerberäume geltend. Mit schriftlichem Vertrag hatte sie noch zu erstellende Büroräume an die Beklagte vermietet. Mietbeginn sollte der Zeitpunkt der Übergabe sein. Der Vertrag wurde für die Dauer von fünf Jahren geschlossen. Ferner wurde der Vermieterin das Recht eingeräumt, die monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen auf Grundlage des Ergebnisses der letzten Abrechnung anzupassen. Bereits die erste Nebenkostenabrechnung führte zu einer Nachforderung. Die Klägerin erhöhte sodann die Vorauszahlungen. Die Beklagte nahm dies zum Anlass, das Mietverhältnis bereits vor Zeitablauf „fristgerecht zum Ablauf des 30.09.2009“ zu kündigen. Die Klägerin begehrte nunmehr Zahlung der Miete für die Restlaufzeit des Vertrages bis August 2010.

Entscheidung

Nach Auffassung des BGH verstoße der Mietvertrag nicht gegen das Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB. Hiernach müssen sich bei einem für eine längere Zeit als einem Jahr geschlossenen Mietvertrag die wesentlichen Vertragsbestandteile aus der Vertragsurkunde ergeben. Hierzu gehören insbesondere Mietgegenstand, Miete sowie Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses. In der Entscheidung war die Regelung zur Dauer der Mietzeit zu prüfen. Regelungen zur Dauer der Mietzeit wahren dann die Schriftform, wenn Beginn und Ende der Mietzeit hinreichend bestimmbar seien.

Nach Auffassung des BGH genüge es, dass die Parteien die Laufzeit des Vertrages festgelegt und den Vertragsbeginn an den Zeitpunkt der Übergabe des Mietobjekts geknüpft haben. Der Beginn des Mietverhältnisses sei hiernach bestimmbar.

Auch die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen habe nicht zu einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis geführt, sodass der Vertrag nicht als auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen und frei kündbar gewesen sei. Die Anpassungsvereinbarung selbst begegne keinen rechtlichen Bedenken. Die Möglichkeit, im Anschluss an Nebenkostenabrechnungen die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen durch einseitige Erklärung anzupassen, entspreche sinngemäß den gesetzlichen Möglichkeiten für Wohnraummietverhältnisse, § 560 IV BGB.

Die Anpassungserklärung selbst habe auch nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB unterlegen. § 550 BGB diene dem Zweck, einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrages, in welchen er eintritt, zu verschaffen. Es sei eine Vielzahl von Fallgestaltungen denkbar, in denen dies nicht umfassend gewährleistet werden könne. Dies gelte beispielhaft für Verträge mit Verlängerungsoptionen. Auch hier sei für den Erwerber nicht erkennbar, ob die Verlängerungsoption gezogen worden ist. Es genüge jedoch, dass der Erwerber durch die Urkunde Kenntnis darüber erlangt hat, dass die Verlängerung als Option bestehen würde. Es könne ihm zugemutet werden, sich dann beim Verkäufer oder Mieter zu erkundigen.

Nichts anderes gelte hinsichtlich der streitgegenständlichen Klausel zur Anpassung der Nebenkosten. Dem Schutzbedürfnis des Grundstückserwerbers werde ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass ihn die entsprechende Vertragsbestimmung darauf hinweist, dass die Möglichkeit einer geänderten Vorauszahlungshöhe besteht. Die Anpassung der Vorauszahlung durch einseitige Erklärung des Vermieters unterliege nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB. Sie müsse insoweit nicht Bestandteil der von § 550 BGB geforderten Vertragsurkunde sein.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie berücksichtigt das Interesse des Erwerbers, Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrags zu erhalten, ausreichend. Dem Erwerber ist durchaus zuzumuten, bei Kenntnis darüber, dass die Parteien die Möglichkeit der Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen geregelt haben, deren tatsächliche Gestaltung abzufragen. Der Erwerber ist insoweit „gewarnt“, dass abweichende Regelungen über die Kostenhöhe vorliegen können. Die Entscheidung ist insoweit auch begrüßenswert, als dass die bloße Ausübung der Anpassung ein einseitiges Gestaltungsrecht darstellt, welches nach gängiger Rechtsauffassung nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB unterliegt.

Anmerkung

Immer wieder muss darauf hingewiesen werden, dass bei Gewerberaummietverhältnissen, die für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, mit Nebenabreden äußerst vorsichtig umgegangen werden sollte. Zu groß ist die Gefahr, dass Vertragsergänzungen das Schriftformerfordernis nicht erfüllen, sodass der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen und infolgedessen frei kündbar ist.

Niklas Stolze
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
Rechtsgebiet
Wohnungseigentumsrecht