BGH zur Rückforderung einer Zuwendung an den nichtehelichen Lebensgefährten

    • Familienrecht

BGH, Urteil vom 06.05.2014, Az. X ZR 135/11

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Kläger eine Zuwendung an seine Lebensgefährtin (einen Sparbrief im Wert von 25.000,00 EUR) nach Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft von dieser zurückfordern kann.

Sachverhalt

Die Beteiligten haben seit dem Jahr 2003 im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Der Kläger war Inhaber eines Sparbriefs mit einem Guthaben in Höhe von 50.000,00 EUR. Im Frühjahr 2007 veranlasste der Kläger, dass der Sparbrief hälftig zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin aufgeteilt wurde. Es wurde also für die Beklagte ein eigenes Papier über einen Betrag in Höhe von 25.000,00 EUR ausgestellt.

Im Oktober 2008 trennten sich die Parteien sodann.

Der Kläger forderte die Beklagte anwaltlich dazu auf, den auf sie ausgestellten Sparbrief herauszugeben. Außerdem verlangten die Anwälte des Klägers die Zahlung eines Betrages in Höhe von 25.000,00 EUR zuzüglich Zinsen.

Das Landgericht hat der Klage in erster Instanz stattgegeben, die beklagte Lebensgefährtin also zur Zahlung von 25.000,00 EUR zuzüglich Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat dann wiederum die Klage mit dem Argument, es liege eher eine Schenkung an die Beklagte als eine sogenannte unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten vor, abgewiesen. In dritter Instanz hatte nun der Bundesgerichtshof über die Sache zu entscheiden.

Hintergründe

Die Entscheidung des BGH betrifft eine Frage, die auch im Familienrecht häufig diskutiert wird, nämlich ob und inwieweit Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach Scheitern derselben wechselseitig Ausgleichsansprüche haben.

Gerade in Berlin, z. B. in den Bezirken Prenzlauer Berg sowie Berlin Mitte oder Pankow und auch Weißensee sowie Friedrichshain, entscheiden sich viele Menschen dafür, nicht zu heiraten, sondern im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenzuleben. Für Betroffene aus Berlin bietet die aktuelle Entscheidung des BGH interessante Leitlinien für den Fall des Scheiterns einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Grundsätzlich gilt, dass nach Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kein Anspruch auf Vermögensausgleich besteht. Nichteheliche Lebensgemeinschaften zeichnen sich gerade durch ihre Unverbindlichkeit aus. Dementsprechend bestehen dann nach Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich auch keine Ausgleichsansprüche.

Die Rechtsprechung hat dann aber in den letzten Jahren damit begonnen, von diesem Grundsatz Ausnahmen zuzulassen. Voraussetzung für Ausgleichsansprüche ist gem. der schon bestehenden Rechtsprechung vor allem, dass die von einem Lebensgefährten erbrachten Leistungen objektiv wesentlich waren und insbesondere über bloße Gefälligkeiten und über das hinausgehen, was zum täglichen Zusammenleben notwendig ist.

Ausgleichsansprüche werden z. B. dann gewährt, wenn auf dem Grundstück eines Lebensgefährten ein Haus errichtet wurde, an dessen Bau oder Erwerb sich der andere mit Geld oder Arbeitsleistungen beteiligt hat. Ähnliches gilt auch für den gemeinsamen Aufbau eines Unternehmens, dessen Inhaber lediglich einer der Lebensgefährten ist.

In der vorliegenden Sache hatte sich der Bundesgerichtshof nun vorrangig mit der Abgrenzung einer Schenkung gem. § 516 BGB von einer sog. unbenannten Zuwendung zu beschäftigen.

Eine Schenkung ist in § 516 BGB geregelt. Schenkungen können vorrangig wegen groben Undanks gem. § 530 BGB wiederrufen bzw. zurückgefordert werden.

Eine unbenannte Zuwendung ist ein von der Rechtsprechung entwickeltes Rechtsinstitut, das gesetzlich nicht geregelt ist. Eine unbenannte Zuwendung unter nichtehelichen Lebensgefährten liegt vor, wenn die Zuwendung der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft dienen soll. Wenn dann die nichteheliche Lebensgemeinschaft scheitert, kann eine solche unbenannte Zuwendung ggf. wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB zurückgefordert werden.

Entscheidung

Die Anwälte des Klägers waren nun der Auffassung, die Zuwendung des Sparbriefs mit einem Guthaben in Höhe von 25.000,00 EUR würde eine unbenannte Zuwendung zugunsten der Beklagten darstellen.

Dieser Argumentation ist der BGH gefolgt. Der BGH hat entschieden, dass die Ausstellung des Sparbriefs auf den Namen der Beklagten nicht als Schenkung, sondern als unbenannte Zuwendung anzusehen ist. Die Zuwendung habe gerade der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien dienen sollen.

Mit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei laut BGH die Grundlage der Zuwendung entfallen. Der Kläger könne dementsprechend von der Beklagten die Zahlung von 25.000,00 EUR zuzüglich Zinsen verlangen.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH bestätigt eine Tendenz in der Rechtsprechung, Ausgleichsansprüche zwischen nichtehelichen Lebensgefährten in immer größerem Maße zuzulassen. Wenn in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Partner dem anderen größere Zuwendungen gemacht hat, kann es sich daher durchaus empfehlen, nach Scheitern der Lebensgemeinschaft entsprechende Vorgänge zu überprüfen. Hierfür stehen wir Ihnen gern mit anwaltlichem Rat zur Seite.

Auch für nichteheliche Lebensgefährten in Berlin, z. B. in den Bezirken Prenzlauer Berg und Pankow, kann es darüber hinaus empfehlenswert sein, bei größeren gemeinsamen Projekten, wie dem Erwerb einer Immobilie oder dem Aufbau einer Firma, die rechtlichen Beziehungen untereinander ausdrücklich in Form eines Vertrages zu regeln. Im Rahmen der geltenden Vertragsfreiheit ist dies ohne weiteres möglich. Auf diese Weise sind Sie dann vorbereitet, falls eine Lebensgemeinschaft wider Erwarten doch scheitern sollte.

Sebastian Weiß
Fachanwalt für Familienrecht
Rechtsgebiet
Familienrecht