Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil von Anfang Oktober 2013 die Erbnachweisklausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Sparkasse für unwirksam erklärt. Bislang hatten die Sparkassen (und auch die privaten Banken) in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen stets bestimmt, dass Erben eines Bankkunden zu ihrer Legitimierung grundsätzlich einen vom Nachlassgericht ausgestellten Erbschein vorlegen müssen. Diese Praxis hat der Bundesgerichtshof nun mit einem Urteil vom 08.10.2013 beendet.
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs wird auch für viele Erben in Berlin, wie zum Beispiel in den Bezirken Prenzlauer Berg und Berlin-Mitte, aber auch Pankow und Friedrichshain, erhebliche praktische Relevanz haben. Im Ergebnis ist das Urteil durchaus zu begrüßen, da es auch für Erben in Berlin die Abwicklung eines Erbfalles durchaus einfacher und kostengünstiger macht.
Sachverhalt
Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband, der gerichtlich gegen die in Erbsachen genutzten allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Sparkasse vorgegangen ist.
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse sahen vor, dass diese nach dem Tod eines Kunden zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung eines potentiellen Erbens grundsätzlich die Vorlage eines Erbscheins verlangen kann.
Darin sah der klagende Verbraucherschutzverband eine unangemessene Benachteiligung der Kunden (Verbraucher) der Sparkasse.
Zu den Hintergründen
Ein Erbschein wird auf Antrag des oder der Erben vom Nachlassgericht (dem Amtsgericht am letzten Wohnort des Erblassers) ausgestellt. Der Erbschein gibt sodann Auskunft darüber, welche Personen mit welchen Erbanteilen (Quoten) Erben nach einer verstorbenen Person geworden sind.
Gem. § 2365 BGB wird gesetzlich vermutet, dass der Inhalt eines Erbscheins richtig ist, die in einem Erbschein bezeichneten Personen also tatsächlich Erbe oder Erben geworden sind. Außerdem begründet ein Erbschein gem. § 2366 BGB – vergleichbar dem Grundbuch – einen öffentlichen Glauben. Rechtsgeschäfte, die infolge der Vorlage eines Erbscheins getätigt werden, sind grundsätzlich wirksam, selbst wenn sich später herausstellen sollte, dass der im Erbschein ausgewiesene Erbe doch nicht der wahre Erbe ist.
Durch die Vorlage eines Erbscheins versuchen sich die Sparkassen und auch die übrigen Banken also weitestgehend abzusichern. Wenn die Banken nach Vorlage eines Erbscheins Kontoguthaben an die im Erbschein ausgewiesene Person auszahlen, laufen sie kaum Gefahr, später noch einmal durch den wirklichen Erben auf Zahlung in Anspruch genommen zu werden.
Für die Erben ist das Erbscheinsverfahren im Gegenzug oft langwierig und kostspielig. Es dauert zum Teil mehrere Wochen, bis ein Amtsgericht den beantragten Erbschein ausstellt. Je nachdem, wie werthaltig der Nachlass ist, ist die Beantragung eines Erbscheins auch entsprechend teuer. Für einen Erbscheinsantrag fallen immer Gebühren an - je höher der Wert des Nachlasses, umso höher auch die Gebühren für einen Erbschein.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat die Praxis der Sparkassen durch seine Entscheidung beendet.
Die entsprechende Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse benachteilige die Bankkunden unangemessen.
Die kritisierte Klausel in den AGB der Sparkasse gewähre dieser generell und unabhängig davon, ob im Einzelfall das Erbrecht überhaupt zweifelhaft ist oder durch andere Dokumente einfacher oder kostengünstiger nachgewiesen werden kann, das Recht, auf die Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Bei einer Abwägung der Interessen zwischen der Sparkasse und den Erben kommt der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Interessen der Erben vorrangig seien. Den Erben sei regelmäßig nicht daran gelegen, auch in Fällen, in denen sie ihr Erbrecht unproblematisch, anders als durch Vorlage eines Erbscheins, nachweisen können, das unnütze, kostenverursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinsverfahren anstrengen zu müssen.
Aufgrund des Vorrangs der Interessen der Erben wurde die beanstandete Erbscheinsklausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse dann für unwirksam erklärt.
Praxishinweis
Wenn Sie über die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Beispiel in Berlin Prenzlauer Berg näher anwaltlich informiert werden möchten, steht Ihnen unser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht, Rechtsanwalt Sebastian Weiß, gern zur Verfügung.
Allgemein kann festgehalten werden, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Abwicklung zahlreicher Erbsachen einfacher machen wird.
Insbesondere wenn ein notariell beglaubigtes und durch das Nachlassgericht eröffnetes Testament vorliegt, werden nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Sparkassen nicht mehr auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen können.
Wenn es sich allerdings um ein handschriftliches Testament handelt, wird die Vorlage eines Erbscheins wohl weiterhin notwendig sein.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs wird nicht nur für Sparkassen, sondern auch für die übrigen privaten Banken Auswirkungen haben, da deren allgemeine Geschäftsbedingungen denjenigen der Sparkasse weitestgehend inhaltsgleich sind.
Es ist allerdings damit zu rechnen, dass die Bankverbände aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen ändern und versuchen werden, die Pflicht zur Vorlage eines Erbscheins weitestgehend aufrechtzuerhalten.