Bußgeldverfahren wegen Wohnraumvermietung an Flüchtlinge eingestellt!

Tatbestand der Zweckentfremdung nicht erfüllt.

Das AG Berlin-Tiergarten hat ein Bußgeldverfahren gegen einen Vermieter eingestellt, der zwei Wohnungen an Flüchtlingsfamilien vermietet hatte.

Dem Vermieter wurde vom zuständigen Bezirksamt vorgeworfen, hierdurch gegen das Zweckentfremdungsverbotsgesetz (ZwVbG) zu verstoßen. Die Vermietung von Wohnraum an Flüchtlinge stelle eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar. Die Flüchtlingsfamilien wurden dem Vermieter durch andere Bezirksämter zugewiesen. Die Flüchtlinge hatten zudem Kostenübernahmeerklärungen des jeweils zuständigen Job-Centers erhalten. Der Vermieter hatte mit den beiden Flüchtlingsfamilien Mietverträge mit einer mehrmonatigen Mindestlaufzeit und im übrigen auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, während die Miete von den Job-Centern an den Vermieter gezahlt worden ist.

Nach Lesart des Bezirksamtes stelle diese Form der Vermietung keine zulässige Wohnnutzung, sondern lediglich eine Notunterkunft für einen befristeten Zeitraum dar. Es müsse immer damit gerechnet werden, dass die Flüchtlinge ihren Aufenthaltsstatus verlieren oder aus anderen Gründen die Kostenübernahme, die im Übrigen nach Tagessätzen ausgestaltet war, nicht verlängert oder begrenzt werde. Insbesondere aufgrund dieser Kriterien und der hierdurch zu erzielenden Miete, die über dem Mietzins liegt, die für eine unmöblierte Wohnung bei einer dauerhaften Vermietung gemäß Mietspiegel zu erzielen wäre, folge, dass keine „normale“ Wohnnutzung vorliege und die konkrete Nutzungsform mithin eine Zweckentfremdung darstelle.

Diesen Vorwürfen konnte das Amtsgericht Tiergarten nicht folgen. Bereits der Gesetzeswortlaut des ZwVbG sei diesbezüglich nicht eindeutig genug, um eine Ordnungswidrigkeit für die vorliegende Fallgestaltung ausreichend sicher genug zu definieren.

Hinzu komme, dass die Flüchtlingsfamilien aufgrund eine wirksamen Mietvertrages und für einen längeren Zeitraum tatsächlich in den Wohnungen befindlich waren und die Kosten auch über einen längeren Zeitraum von dem Job-Centern regelmäßig beglichen worden sind, obwohl der Vermieter keine gesonderte Genehmigung nach dem ZwVbG erhalten bzw. nicht einmal beantragt hatte. Die gelebte Praxis der Verwaltungsbehörden zeige insoweit also auch ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit im Umgang mit dem ZwVbG, das nach Auffassung des AG Tiergarten letztlich wiederum dem Vermieter nicht zum Vorwurf gemacht werden könne.

Das Ordnungswidrigkeitenverfahren sei insoweit nicht geeignet, „Bühne“ dafür zu sein, um zu klären, ob die Vermietung an Flüchtlinge einen Verstoß gegen das ZwVbG bedeutet oder eine „normale“ Wohnnutzung darstelle, wie es beispielsweise auch für die Nutzung als sogenanntes Boardinghouse gelte.

Die Einstellungsentscheidung des AG Tiergarten ist diesbezüglich zwar bemerkenswert und nach hiesiger Einschätzung völlig richtig, zumal wichtige Fragen, insbesondere der Verfassungsgemäßheit, des ZwVbG aktuell vor den Verwaltungsgerichten, insbesondere dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, aber unter Umständen auch beim BGH, geklärt werden.

Abgesehen davon ist tatsächlich nach dem Gesetzeswortlaut nicht einzusehen, warum beispielsweise eine längerfristige Nutzung als Boardinghouse zulässig ist, die Vermietung an Flüchtlingsfamilien für einen ähnlich langen Zeitraum aber nicht.

Der Einstellungsbeschluss ist folgerichtig und begrüßenswert, stellt allerdings eine Einzelfallentscheidung dar und kann nicht als Freibrief für jegliche Form der Vermietung an Flüchtlinge verstanden werden.

Nach wie vor bleibt zu hoffen, dass in den anstehenden Gerichtsverfahren Rechtssicherheit geschaffen wird oder aber auf Gesetzgebungsebene die bekannten Unzulänglichkeiten des ZwVbG beseitigt werden.

Für Fragen zum Zweckentfremdungsverbotsgesetz, der Vermietung an Flüchtlinge/Asylsuchende und von Ferienwohnungen u. ä. stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.