Das OLG Köln hat sich in einem Beschluss von März 2013 mit den Voraussetzungen für einen Ausschluss des Ehegattenerbrechts beschäftigt. Auch unter Geltung des FamFG ist das Erbrecht des Ehegatten grundsätzlich dann ausgeschlossen, wenn der Erblasser in einem Scheidungsverfahren dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten in Form einer privatschriftlichen Erklärung zustimmt.
Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrt die Erteilung eines Erbscheins, welcher sie zusammen mit einem gemeinsamen Kind als Erbin zu 1/2 nach dem im Jahr 2012 verstorbenen Erblasser ausweist. Die Antragstellerin war seit dem Jahr 1998 mit dem Erblasser verheiratet. Aus der Ehe mit dem Erblasser ist eine im Jahr 2000 geborene gemeinsame Tochter hervorgegangen.
Im März 2012 hat die Antragstellerin über ihre Anwälte die Scheidung der Ehe beantragt. Auf den Scheidungsantrag der Ehefrau teilte der Erblasser in einer eigenen - also ohne anwaltliche Hilfe verfassten - Erklärung mit, dass er der Scheidung von seiner Ehefrau zustimme.
Zu dem vom Familiengericht auf den 14.09.2012 anberaumten Verhandlungstermin kam es nicht mehr, weil der Erblasser am 01.09.2012 verstarb.
Die Anwälte der Antragstellerin (Ehefrau) meinen nun, sie sei neben der gemeinsamen Tochter zu 1/2 Erbin des Erblassers geworden. Eine wirksame Zustimmungserklärung des Erblassers gemäß § 1933 BGB liege nicht vor. Außerdem enthalte der Scheidungsantrag der Ehefrau auch nicht die notwendigen Angaben gemäß § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.
Zu den Hintergründen
Der Ehegatte gehört gemäß § 1931 BGB grundsätzlich zum Kreis der gesetzlichen Erben. Die Höhe des Ehegattenerbrechtes (die so genannte Erbquote) richtet sich nach dem Grad und der Anzahl vorhandener Verwandter des Erblassers sowie dem familienrechtlichen Güterstand der Ehegatten. Insofern findet also eine enge Verbindung zwischen Familienrecht und Erbrecht statt.
Der gesetzliche und damit auch häufigste Güterstand ist derjenige der Zugewinngemeinschaft. Neben Kindern beträgt das Erbrecht des Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft grundsätzlich 1/2. Die verbleibende Hälfte fällt dann auf die Kinder. Bei zwei gemeinsamen Kindern ergeben sich also z. B. die folgenden Erbquoten: Ehefrau 1/2, sowie je Kind 1/4.
Das Ehegattenerbrecht ist Ausdruck der sich aus der Eheschließung ergebenden ehelichen Solidarität. Wenn ein Ehegatte nun die Scheidung beantragt, fällt das Ehegattenerbrecht unter bestimmten Voraussetzungen weg. Der Ausschluss des Ehegattenerbrechts erfolgt aber nicht erst mit rechtskräftiger Scheidung der Ehe, sondern schon früher. Dies ist in § 1933 BGB geregelt. Dort heißt es wörtlich:
„§ 1933 Abs. 1 BGB
Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.“
Mit den Feinheiten des § 1933 BGB musste sich nun das OLG Köln in seiner Entscheidung beschäftigen.
Die Entscheidung
Im Fall des OLG Köln hatten die Anwälte der Ehefrau einen Scheidungsantrag gestellt. Die Ehefrau hat sich damit deutlich von der Ehe distanziert. Der Ehemann und spätere Erblasser hat dem Scheidungsantrag zugestimmt; dies allerdings nur in einer privatschriftlichen Erklärung.
Strittig war nun, ob eine solche privatschriftliche Erklärung ausreicht oder ob die Zustimmung nur in einem Termin zur mündlichen Verhandlung hätte erfolgen können.
Das OLG Köln hat entschieden, dass die privatschriftliche Zustimmung des Erblassers zum Scheidungsantrag der Ehefrau ausreicht und dass daher das Erbrecht der Ehefrau ausgeschlossen ist. Der Erbscheinsantrag der Ehefrau wurde also abgelehnt.
Das OLG Köln hat klargestellt, dass die Zustimmung zu einem Scheidungsantrag auch privat, also ohne Anwalt, erfolgen kann. Außerdem sei es für einen Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht erforderlich, dass die Zustimmung in einem Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt wird. Eine privatschriftliche Erklärung im Rahmen des Scheidungsverfahrens reiche aus.
Außerdem beschäftigte sich das OLG Köln mit den formalen Voraussetzungen, die § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG für einen Scheidungsantrag aufstellt. Nach dieser Vorschrift muss ein Scheidungsantrag grundsätzlich Erklärungen der Ehegatten über eventuelle Regelungen zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht bezüglich gemeinsamer Kinder, zum Kindesunterhalt, zum Ehegattenunterhalt, zur Ehewohnung und zu Haushaltsgegenständen enthalten. Im Scheidungsantrag, den die Anwälte der Ehefrau eingereicht hatten, fehlten entsprechende Angaben.
Laut OLG Köln sind die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Ehegattenerbrechts aber trotzdem gegeben. Der Erblasser habe sich durch seine unmissverständliche Zustimmung zum Scheidungsantrag der Ehefrau ausdrücklich von der Ehe distanziert. Es sei daher auch angemessen, wenn die Ehefrau keinen Zugriff mehr auf das Vermögen des Erblassers habe. Auf die Formalitäten des § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG könne es daher nicht ankommen.
Die Antragstellerin und Ehefrau ist daher nicht Erbin zu 1/2 nach dem Erblasser geworden. Der Erbscheinsantrag der Ehefrau wurde abgewiesen.
Praxishinweis
Getrenntlebende Ehegatten sollten – vor allem, wenn Vermögen vorhanden ist – das Ehegattenerbrecht im Blick haben. Das Ehegattenerbrecht fällt frühestens mit der Einleitung eines Scheidungsverfahrens weg. Soweit in der Trennungsphase (mindestens ein Jahr) der andere Ehegatte nicht Erbe werden soll, muss dies gezielt durch ein Testament geschehen. In Berlin Prenzlauer Berg oder in Berlin Mitte steht Ihnen hierfür unser Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht, Sebastian Weiß, gern zur Verfügung.
Damit es auf der erbrechtlichen Ebene nicht zu Problemen kommt, sollte ein Scheidungsantrag und auch eine Erwiderung auf einen Scheidungsantrag stets präzise formuliert sein. Auch hierfür stehen wir Ihnen zum Beispiel in den Bezirken Berlin Pankow und Friedrichshain gerne mit anwaltlicher Erfahrung sowohl im Bereich des Familienrechtes als auch im Bereich des Erbrechtes zur Verfügung.