Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung ist grundsätzlich unverjährbar

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.04.2012, V ZR 177/11

Sachverhalt

Das Bauamt fordert von der Wohnungseigentümergemeinschaft die Errichtung einer Feuertreppe. Auf der Eigentümerversammlung beantragt daraufhin der Kläger, eine Feuertreppe nach einem konkreten Vorschlag zu errichten. Dieser Antrag wird abgelehnt. Daraufhin wendet sich der Kläger an das Gericht und beantragt die Verurteilung der übrigen Miteigentümer, seinem Vorschlag zu Errichtung einer Feuertreppe zuzustimmen. Hilfsweise beantragt er, die übrigen Miteigentümer zu verurteilen, dem Antrag zuzustimmen, dass die Eigentümergemeinschaft einen fachgerechten Rettungsweg installiert.

Das Amtsgericht verurteilt die übrigen Miteigentümer aufgrund des Hilfsantrages. Hiergegen wendet sich eine Wohnungseigentümerin mit der Berufung zum Landgericht. Dort erhebt sie unter anderem die Einrede der Verjährung. Die Berufung ist zurückgewiesen worden. Mit der durch das Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Miteigentümerin ihren auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter.

Hintergrund

Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Es steht somit jedem Miteigentümer gegenüber den übrigen Miteigentümern ein Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung zu.

Insoweit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Ordnungsbehörden Auflagen erteilt werden, so entspricht die Erfüllung dieser Auflagen grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung. Mit anderen Worten kann in einem solchen Fall der einzelne Miteigentümer gegenüber den anderen Miteigentümern verlangen, dass den Auflagen der Ordnungsbehörden nachgekommen wird.

Ansprüche unterliegen grundsätzlich der Verjährung. Insoweit ist aber zu beachten, dass dies für vertragliche Dauerverpflichtungen nicht angenommen wird. So hat der Bundesgerichtshof für das Mietvertragsverhältnis mit Urteil vom 17.02.2010 (VIII ZR 104/09) entschieden, dass der Anspruch des Mieters auf Mängelbeseitigung während der Mietzeit unverjährbar ist.

Fasst eine Wohnungseigentümergemeinschaft einen Beschluss nicht, obwohl sie nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung dazu verpflichtet wäre, ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, den nicht gefassten Beschluss durch ein Gericht ersetzen zu lassen. Zulässigkeitsvoraussetzung für eine derartige Klage ist jedoch die vorherige Befassung der übrigen Wohnungseigentümer mit dem Beschlussthema oder zumindest die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass ein entsprechender Beschlussantrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Die Revision hatte im Ergebnis Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hielt die Klage des Wohnungseigentümers für unzulässig. Der Wohnungseigentümer habe gegen die übrigen Miteigentümer keinen Anspruch darauf gehabt, dass sein konkreter Vorschlag zur Errichtung einer Feuertreppe umgesetzt wird. Ein Anspruch habe lediglich dahingehend bestanden, dass ein geeigneter Rettungsweg installiert wird. Hiermit sei allerdings die Eigentümerversammlung im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens nicht befasst gewesen. Allein die Tatsache, dass sich eine Wohnungseigentümerin in der Berufung auf die Einrede der Verjährung gestützt hat, reiche nicht aus, um mit Sicherheit annehmen zu können, dass sich auch die übrigen Eigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung hierauf zurückgezogen hätten.

Darüber hinaus führte der Bundesgerichtshof jedoch klarstellend aus, dass die erhobene Einrede der Verjährung seitens der Revisionsklägerin keinen Erfolg gehabt hätte. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung sei grundsätzlich unverjährbar. Es handele sich um einen Anspruch, der während des Bestandes des Dauerschuldverhältnisses zwischen den Miteigentümern ständig neu entstehe. Er könne daher nicht verjähren.

Anmerkung

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist vollumfänglich zuzustimmen.

Der letztendlich unterlegen Wohnungseigentümer hatte es verabsäumt, im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens die Eigentümerversammlung ordnungsgemäß mit dem Sachverhalt zu befassen. Er hatte keinen Anspruch darauf, dass ein Konzept nach seinen Vorstellungen umgesetzt wird. Die Frage, wie ein Gegenstand der ordnungsmäßigen Instandhaltung umgesetzt wird, liegt im Ermessen der Eigentümergemeinschaft. Er hätte daher der Eigentümerversammlung die Entscheidung über die Ausgestaltung eines Konzeptes vorlegen müssen.

Insofern sollten auch Verwalter aufmerken. Denn diese sind grundsätzlich dazu verpflichtet, Beschlüsse der Eigentümerversammlung vorzubereiten. Wenn demnach die Ersetzung eines nicht zustandegekommenen Beschlusses daran scheitert, dass der Beschluss nicht ordnunsgemäß vorbereitet und somit die Eigentümer mit dem Beschlussgegenstand nicht ordnungsgemäß befasst wurden, kann sich der Verwalter durchaus Vorwürfen ausgesetzt sehen.

Absolut zutreffend sind auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofes zu Verjährung. Der gegenseitige Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung entsteht jeden Tag aufs Neue. Er kann daher nicht verjähren. Zu prüfen wird daher in Zukunft in weit aus größeren Umfang sein, ob die Durchsetzung bestimmter Ansprüche möglicherweise verwirkt sind.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht