Eine Bürgschaft oder Mietkaution, die im Rahmen eines Wohnungsmietverhältnisses vereinbart wird, kann Höchstgrenzen des § 551 Abs. 1 BGB (dreifache Monatsmiete) überschreiten, wenn ein besonderes Sicherungsbedürfnis gegeben ist.
Sachverhalt
Die Schwester eines Wohnungsmieters hatte für ihren Bruder eine Bürgschaft im laufenden Mietverhältnis abgegeben, in der es wörtlich hieß:
„Hiermit verbürge ich mich für die Mietzahlungen des Herrn V. in der Wohnung Nr. [...] M., gegenüber dem Vermieter, Herrn B. Die Bürgschaft endet automatisch bei vollständiger Begleichung aller Mieten und Mietnebenkosten zum Ende des Mietverhältnisses.“
Die Bürgschaft wurde in einer besonderen Situation gestellt: Der Wohnungsmieter befand sich mit zwei Monatsmieten im Rückstand. Der Vermieter hatte die Kündigung des Mietverhältnisses angedroht. Auf Bitten der Bürgin war der Vermieter jedoch bereit, von der Kündigung Abstand zu nehmen und die Rückstände dem Kautionssparbuch zu entnehmen, wenn ihm eine andere Sicherheit gestellt würde. Erst dann kam es zur Unterzeichnung und Stellung der Bürgschaft, siehe Text oben.
In der Folgezeit blieb der Mieter zahlreiche Mietzinszahlungen schuldig. Aufgrund eines Zahlungsrückstandes von dann mittlerweile über 6.000,00 EUR wurde das Mietverhältnis gekündigt und die Räumungs- und Zahlungsklage erhoben. Gegen die Bürgin ging der Vermieter aus der Bürgschaft vor dem Landgericht vor. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Das zuständige Oberlandesgericht wies die Berufung der Bürgin zurück. Die Bürgin hatte eingewendet, dass sie lediglich in Höhe von ca. 1.000,00 EUR in Anspruch genommen werden dürfe, da die Höchstbegrenzung des § 551 Abs. 1 BGB auch in diesem Fall als Schutzvorschrift eingreife. Diese Berufung wurde vom Oberlandesgericht abgewiesen. Das Verfahren wurde als Revision der Bürgin vor dem BGH fortgeführt.
Die Entscheidung des BGH
Abgesehen davon, dass sich der BGH mit der Auslegung der Bürgschaftserklärung zu befassen hatte, stand im Mittelpunkt der Entscheidung die Frage, ob die Bürgschaft aus den gesetzlichen Gründen des § 551 Abs. 1 BGB auf das Dreifache der Monatsmiete zu beschränken sei.
1. Der BGH hat hinsichtlich der ersten Frage entschieden, dass aus der objektiven Empfängersicht der Text der Bürgschaftsurkunde dahingehend zu verstehen sei, dass sämtliche Forderungen aus dem Mietverhältnis von einer etwaigen Nutzungsentschädigung nach § 546 BGB von der Bürgschaft umfasst sind.
2. Der BGH wies die Einwendungen der Bürgin, dass die Bürgschaft oberhalb eines Betrages von drei Monatsmieten unwirksam sei, zurück. Der BGH begründete dies mit dem hier nicht einschlägigen Sinn und Zweck der Vorschrift. § 551 Abs. 1 BGB habe den Zweck, den Mieter unter Berücksichtigung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters vor zu großen Belastungen zu bewahren. Allerdings sei von diesem Schutzzweck nicht erfasst, dass ein Dritter unaufgefordert dem Vermieter eine Bürgschaft zusage und es anschließend deshalb zum Abschluss eines Mietvertrages komme.
Mindestens ebenso, wenn nicht noch offenkundiger, sei die hiesige Konstellation zu beurteilen. Die Bürgschaft habe eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzug abgewendet. Außerdem sei das Sparguthaben, das als Kaution hinterlegt worden war, aufgebraucht worden. Die über drei Monatsmieten hinausgehende Bürgschaft stelle in einem solchen Fall keine übermäßige Belastung des Mieters dar, wenn es sich – wie in dem hiesigen Fall – um eine unentgeltlich gewährte Bürgschaft handele.
Damit schloss sich der BGH im Wesentlichen der Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes an. Zusätzlich argumentierte der BGH noch damit, dass sich ein so missverstandener Mieterschutz ins Gegenteil verkehre, denn ein Mietverhältnis sei – wie dieser Fall zeigt – nur dadurch zu retten, dass das Vertrauen in den Vertragspartner durch die Stellung einer höheren Sicherheit wiederhergestellt werden könne.
Außerdem wies der BGH darauf hin, dass es in einer solchen Fallgestaltung nicht darauf ankomme, ob der Bürge eine derartige Sicherheit unaufgefordert beigebracht oder der Vermieter eine zusätzliche Sicherheit von sich aus verlangt habe.
Praxishinweis
Die Entscheidung beseitigt das bis dato vorhandene Damokles-Schwert über entsprechenden Sicherungsabreden mit Mietern oder Bürgen in einer Situation, in der sich das Mietverhältnis kurz vor einer Kündigung oder sogar in einem gekündigten Zustand befindet. Nach der Entscheidung des BGH können Vermieter und Verwaltungen nunmehr rechtssicher agieren, um Mietverhältnisse zu retten; im gleichen Zuge jedoch wird dem gestiegenen Sicherungsbedürfnis des Vermieters Rechnung getragen.