Sachverhalt
Eine Wohnungseigentumsanlage besteht aus 8 Reihenhäusern. Jeweils 2 Häuser teilen sich dabei einen Schornstein mit nur einem Zug, der mittig vom Keller bis zum Dach verläuft. Im Jahre 1999 wurden die Schornsteine im Zuge einer Umstellung der Beheizungsart verschlossen. Im Jahr 2001 baute ein Wohnungseigentümer den in seinen Wohnraum hineinragenden, damals nutzlosen Schornstein eigenmächtig zurück.
Im Jahr 2007 will der benachbarte Wohnungseigentümer den Schornstein wieder in Betrieb nehmen, um - zusätzlich zur funktionstüchtigen Heizungsanlage - einen Kamin oder Kaminofen betreiben zu können.
In der daraufhin abgehaltenen Eigentümerversammlung beschließen die Wohnungseigentümer mit 7 zu 1 Stimmen, dass die Schornsteine wieder zur Nutzung geöffnet werden dürfen.
Gegen den Beschluss erhebt der Wohnungseigentümer, der den Schornstein in seiner Wohnung bereits zurückgebaut hat, Anfechtungsklage. Das Amtsgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr hingegen stattgegeben. Zur Begründung führte das Landgericht aus, bei der Wiedereröffnung der Schornsteine handele es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG, die nicht ohne die Zustimmung aller betroffenen Miteigentümer beschlossen werden könne. Die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 2 WEG sei nicht anwendbar, da es weder um eine Anpassung an den Stand der Technik noch um eine Modernisierung im Sinne des § 559 Abs. 1 BGB gehe. Hiergegen wandten sich die übrigen Miteigentümer mit der Revision zum Bundesgerichtshof.
Die Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof führte aus, die gestatte Wiederherstellung der Schornsteine sei eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG. Nach dieser Vorschrift sollen die Regelungen für Modernisierung aus dem Mietrecht lediglich entsprechend herangezogen werden. Daraus würde folgen, dass im Wohnungseigentumsrecht eine großzügigere Handhabung möglich ist. Denn zum einen kämen Wohnungseigentümern auch solche Verbesserungen zugute, von denen im Mietrecht nur der Vermieter, nicht aber der Mieter profitiert. Zum anderen bestehe das mit § 22 Abs. 2 WEG verfolgte Anliegen darin, es den Wohnungseigentümern unabhängig vom Bestehen eines Reparaturbedarfs zu ermöglichen, einer Verkehrswertminderung durch Anpassung der Wohnungsanlage an die Erfordernisse der Zeit entgegenzuwirken.
Aus diesem Grund genüge es für eine Modernisierung im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert der Sache nachhaltig zu erhöhen. Dies wäre auch für den Fall des Einbaues eines Kamins oder Kaminofens zu bejahen. Denn hierdurch werde neben der vorhandenen Heizanlage eine weitere Heizmöglichkeit geschaffen, die zum einen den Wohnkomfort steigert und zum anderen die Möglichkeit der Auswahl des jeweils günstigsten Brennstoffes eröffne.
Hinweis
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen. Denn sie verschafft Wohnungseigentümern den Raum, ihr Sondereigentum zu verbessern. Dies wird an dem vorliegenden Beispiel sehr gut deutlich. Denn gegenüber einem Mieter hätte eine Modernisierung durch Einbau eines Kaminofens neben einer schon bestehenden Heizungsanlage keine Aussicht auf Erfolg, während diese für Wohnungseigentümer an anderen Maßstäben orientiert werden darf und deshalb zulässig ist.