Bei der Berechnung von Elterngeld für Selbständige ist zunächst die Regelung des § 2 Abs.9 BEEG einschlägig, der zur Grundlage der Berechnung des Elterngeldes den Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor Geburt des Kindes macht. Dies ist für alle diejenigen selbständig Tätigen von Nachteil, deren Einkommen sich gerade im Jahr der Geburt des Kindes erheblich erhöht hat, denn dieses erhöhete einkommen spielt nach dieser Regelung bei der Kindergeldberechnung keine Rolle.
Diese Regelung wurde von den Elterngeldstellen, so auch in Berlin und Umgebung ausnahmslos angewendet.
Bereits mit Urteil vom 03.12.2009 hat allerdings das Bundessozialgericht entschieden, dass das maßgebliche Einkommen für die Berechnung des Elterngeldes bei Selbständigen nicht immer zwangsläufig gemäß § 2 Abs. 9 BEEG anhand des Steuerbescheides für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor Geburt des Kindes zu ermittelt ist. Ist das Einkommen aus der ausgeübten selbständigen Tätigkeit in diesem Zeitraum nicht repräsentativ, so kann auf das Einkommen in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes zurückgegriffen werden. Weicht der zeitliche Umfang der Tätigkeit in den Zeiträumen um mindestens 20 Prozent voneinander ab, muss die Einkommensermittlung nach § 2 Abs. 8 BEEG unter Berücksichtigung des Einkommens der letzten zwölf Monate erfolgen.
(Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2009, AZ: B 10 EG 2/09 R)
Vereinfacht gesagt hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass § 2 Abs.9 BEEG nicht automatisch zur Anwendung gelangt, wenn sowohl im Jahr der Geburt des Kindes als auch im Jahr davor eine selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Es ist Voraussetzung, dass beide selbständigen Tätigkeiten im Wesentlichen übereinstimmen, und zwar nicht nur im Inhalt sondern auch im zeitlichen Umfang. Nach dem Entstehungsgeschichte des § 2 Abs.9 BEEG und der Gesetzessystematik soll die Berechnung des Kindergeldes für Selbständige auf der Grundlage des Steuerbescheides für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor Geburt des Kindes eben nur dann erfolgen, wenn die in diesem Zeitraum ausgeübte Tätigkeit auch repräsentativ ist für die selbständige Tätigkeit im Jahr der Geburt des Kindes.
Wichtig zu beachten ist dabei für den Antragsteller von Elterngeld, dass es nicht ausreichend ist, im Jahr der Geburt des Kindes bis zu dessen Geburt ein höheres monatliches Durchschnittseinkommen erzielt zu haben, beispielsweise, weil besser vergütet Aufträge gebunden werden konnten. Ansatzpunkt ist immer die ausgeübte Tätigkeit. Nur wenn das höhere Einkommen auf einer wesentlichen Änderung der Tätigkeit beruht kommt es zur Anwendung des § 2 Abs.8 BEEG und die letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes werden zur Berechnung des Elterngeldes herangezogen. Eine solche wesentliche Änderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes eben auch vor, wenn sich bei inhaltlich gleichbleibender Tätigkeit deren zeitlicher Umfang erhöht hat, wobei das Bundessozialgericht die Wesentlichkeitsgrenze bei einer Erhöhung der Arbeitszeit von mehr als 20% sieht.