Die Verabredungen der eventuellen Koalitionspartner SPD und CDU im Hinblick auf die Steuerung des Wohnungs- und Mietmarktes („Mietpreisbremse“)

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

Die vermeintlichen Koalitionäre SPD und CDU haben in ihrem Koalitionsvertrag „Deutschlands Zukunft gestalten“ unter Punkt 4.2 die „Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land“ ins Visier genommen. Die Vereinbarungen tragen die Handschrift der SPD.

Wir beschränken unsere Betrachtungen auf die für die Mietverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt relevanten Punkte:

Verordnungsermächtigung an die Länder zur Regulierung der Mietpreise

Die zukünftige Bundesregierung will ein Gesetz auf den Weg bringen, mit dem die Länder ermächtigt werden, eine auf fünf Jahre befristete Deckelung der Wiedervermietungsmieten durch entsprechende Verordnungen einzuführen.

Das bedeutet in der Praxis, dass eine Begrenzung von Wiedervermietungsmieten an das Vorliegen einer echten Mangellage gekoppelt sein muss. Hierzu gibt es im Zusammenhang mit § 5 Abs. 2 Wirtschaftsstrafgesetz eine recht ausgeprägte Rechtsprechung, nicht zuletzt auch vom Bundesgerichtshof.

Das jeweilige Land darf also nur dann eine Verordnung zur Mietpreisbegrenzung erlassen, wenn eine solche Mangellage anzunehmen ist – eine lediglich angespannte Wohnungsmarktsituation reicht für diesen gesetzgeberischen Eingriff nicht.

An dieser Stelle zeigt sich bereits die grundsätzliche Angreifbarkeit dieser Regularien. Offensichtlich gehen aber die Koalitionäre davon aus, dass dieser Punkt zu überwinden sei. Wie die Verordnung des Landes Berlin zur verminderten Kappungsgrenze zeigt, wird Berlin die Möglichkeit des Verordnungserlasses, ungeachtet der rechtlichen Bedenken, nutzen.

Diese grundsätzlichen Bedenken außen vorlassend, müsste eine Verordnung folgende Kriterien berücksichtigen (Auszug aus dem Koalitionsvertrag – Seite 115):

  • Befristung der Verordnung auf einen Zeitraum von 5 Jahren (also keine höhenmäßige Begrenzung)
  • Die Wiedervermietung darf 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
  • Die Verordnung muss einen Maßnahmenplan zur Behebung des Wohnungsmangels enthalten.
     

Ausdrücklich sind folgende Konstellationen von der Begrenzung der Miete ausgenommen:

  • Mieten aus Erstvermietungen nach Neubau sowie
  • Anschlussvermietungen nach umfassender Modernisierung.


Im Übrigen soll es bei der geltenden Regelung zur Begrenzung von Erhöhungen der Bestandsmieten auf 15 % bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (sog. Kappungsgrenze) in den von den Ländern ausgewiesenen Gebieten innerhalb von drei Jahren bleiben.

Anmerkungen

Mieterhöhung nach Modernisierung

Die Festsetzungen des Koalitionsvertrages werden zusammengefasst:

  • Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung von 11 % auf 10 %,
  • zeitliche Begrenzung der Mieterhöhung auf den Refinanzierungszeitraum sowie
  • Erweiterung des Mieterschutzes durch Anpassung der Härtefallklausel.


Der Effekt dieser gesetzgeberischen Maßnahme liegt auf der Hand: Die Einschränkung der Refinanzierungsmöglichkeit wird die Modernisierungstätigkeit dämmen. Eine Anpassung der Standards während laufender Mietverhältnisse würde ausbleiben. Damit wird die Verknappung bedarfsgerechter Wohnungen herbeigeführt. Der Druck zur „Entmietung“ wird zunehmen.

Wie sich der Amortisationszeitpunkt der Modernisierungskosten (Renditegesichtspunkte spielen keine Rolle mehr) ermitteln soll, wird eine spannende Einzelfallfrage bleiben. Wie genau die Anpassung der Härtefallklausel gemäß § 559 Abs. 4 BGB aussehen wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Der Koalitionsvertrag führt hierzu nur pauschal aus:

„Durch eine Anpassung der Härtefallklausel im Mietrecht (§ 559 Abs. 4 BGB) werden wir einen wirksamen Schutz der Mieter vor finanzieller Überforderung der Sanierungen gewährleisten.“

Flächenabweichungen - Auszug aus dem Koalitionsvertrag

„Wir werden für alle Rechtsgebiete klarstellen, dass nur die tatsächliche Wohn- bzw. Nutzfläche Grundlage für Rechtsansprüche z. B. für die Höhe der Miete, für Mieterhöhungen sowie für die umlagefähige Heiz- und Betriebskostenabrechnung sein kann.“

Die Koalitionäre greifen mit dieser beabsichtigten gesetzgeberischen Maßnahme in die Rechtsprechung des BGH zur 10-%-Bagatellgrenze bei Flächenabweichungen ein. Die SPD argumentiert an dieser Stelle damit, dass sich eine vertragliche Abweichung von 5 % etabliert habe. Abgesehen davon, dass diese Behauptung durch keine seriösen Erhebungen untermauert ist, verkennt die SPD, dass ein gesetzlicher Korrekturbedarf nicht gegeben ist. Mietminderungsansprüche bestehen nach der Gesetzessystematik nur dann, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erheblich gemindert ist. Die Rechtsprechung des BGH hat für eine klare Rechtsanwendung gesorgt.

Im Übrigen bleibt abzuwarten, wie die zukünftige Regierung den Gesetzesentwurf an dieser Stelle ausformuliert.

Mietspiegelbasis

„Wir sorgen dafür, dass im Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete auf eine breitere Basis gestellt und realitätsnäher dargestellt wird.“

Hinter diesem Satz verbirgt sich ein massiver Eingriff in die bewährte Dynamik des Mietspiegels. Der bisher existierende Erhebungszeitraum von vier Jahren soll verlängert werden. Außerdem ist eine Einbeziehung von Bestandsmieten geplant. Damit würde die Dynamik des Mietspiegels, die den Markt widerspiegelt, ausgebremst werden, sodass auch die Marktanpassung der Mieten zurückbleibt. Dies steht im krassen Widerspruch zur Kostenentwicklung und stellt damit einen Eingriff in die Eigentumsrechte des Vermieters dar.

Makler

Die Koalitionäre beschwören das marktwirtschaftliche Prinzip:

„Wer bestellt, der bezahlt.“

In der Praxis bedeutet dies, dass der Vermieter in der Regel keine Direktbeauftragung eines Maklers vornehmen wird, wenn die Provisionszahlung durch den Wohnraumsuchenden erbracht werden soll. Unter Maklern kursieren schon die wildesten Umgehungsmodelle. Letztlich wird man jedoch abwarten müssen, wie die gesetzliche Regelung tatsächlich ausgestaltet ist, um hier die legalen Spielräume für beide Seiten ausloten zu können.

Das Vorhaben, eine erfolgsunabhängige Honorierung entsprechend dem Beratungsaufwand einzuführen, geht meines Erachtens an der Realität vorbei.

Absolut begrüßenswert ist indes, dass ein Sachkundenachweis für das Maklergewerbe eingeführt werden soll. Die Verankerungen von Mindestanforderungen und Pflichtversicherungen für Wohnungsverwalter und Immobilienmakler sind überfällig. Kompetente Verwalter müssen sich vor diesem Vorhaben der Koalition nicht fürchten.

Abschließende Bemerkung

In einem Koalitionsvertrag kann die konkrete gesetzgeberische Ausgestaltung naturgemäß nicht wiedergegeben werden. Sehr vieles ist reine Absicht, die im Zuge der Entwicklung von Gesetzesvorlagen auf die juristische und tatsächliche Machbarkeit hin überprüft werden muss.

Dieser Prozess wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir gehen nicht davon aus, dass konkrete gesetzgeberische Maßnahmen vor Ablauf der ersten Jahreshälfte umgesetzt werden können.

Tilo Krause
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
Rechtsgebiet
Wohnungseigentumsrecht