Eigentümerversammlung: Ausschluss eines Wohnungseigentümers von der Eigentümerversammlung bei Wohngeldrückständen nicht möglich.

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 10.12.2010, V ZR 60/10

Sachverhalt

Eine Teilungserklärung bestimmte Folgendes:

„Die Versammlung kann einen Wohnungseigentümer, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen. Der Betroffene hat hierbei kein Stimmrecht. Mit vollständiger Zahlung der Rückstände entfällt die Wirkung des obigen Beschlusses“.

Auf Grundlage dieser Regelung wird einer Wohnungseigentümerin in einer Eigentümerversammlung das Stimmrecht entzogen. Ferner wird die Wohnungseigentümerin vom weiteren Verlauf der Versammlung ausgeschlossen. Daraufhin erhebt die Wohnungseigentümerin Versammlung Anfechtungsklage gegen sämtliche auf der Versammlung gefassten Beschlüsse.

Die Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat in allen Instanzen Erfolg. Zur Begründung wird ausgeführt, die in der Teilungserklärung enthaltene Regelung zum Ausschluss des Wohnungseigentümers bei bestehenden Hausgeldschulden sei nichtig. Die Möglichkeit, auf einer Eigentümerversammlung durch Rede und Gegenrede Einfluss auf die Willensbildung der Gemeinschaft nehmen zu können, stelle einen Kernbereich der mitgliedschaftlichen Rechte dar. Dieser Kernbereich könne nur in absoluten Ausnahmefällen angetastet werden. Für Wohngeldrückstände enthalte § 25 Abs. 5 3. Fall WEG eine solche Regelung erst für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer aufgrund seiner Wohngeldrückstände rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt ist. Selbst in diesem Fall bleibe er aber zur Teilnahme an Eigentümerversammlungen berechtigt.

Vor diesem Hintergrund soll die Möglichkeit, einen Eigentümer von der Eigentümerversammlung auszuschließen, auf Gründe mit „versammlungsspezifischem Bezug“ zu beschränken. Zu denken sei dabei insbesondere an nachhaltige Störungen des Versammlungsablaufes.

Hinweis

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist generell anzuraten, Wohngeldrückstände frühestmöglich zu titulieren. Denn in jedem Fall kann dem Wohnungseigentümer das Stimmrecht schon durch das Betreiben des Zwangsverwaltungsverfahrens genommen werden. Denn dann nimmt nicht mehr der Wohnungseigentümer, sondern der Zwangsverwalter die Rechte und Pflichten des Wohnungseigentümers und damit auch das Stimmrecht auf der Eigentümerversammlung wahr.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht