Erweist sich die Vereinbarung eines Zeitmietvertrages als unwirksam, kann dem bei Vertragsschluss bestehenden Willen der Mietvertragsparteien, das Mietverhältnis nicht vor Ablauf der ursprünglich vorgesehenen Mietzeit durch ordentliche Kündigung zu beenden, im Einzelfall dadurch Rechnung getragen werden, dass im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der unwirksamen Befristung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht tritt, der eine ordentliche Kündigung frühestens zum Ablauf der (unwirksam) vereinbarten Mietzeit ermöglicht.
Sachverhalt
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Kläger. In einem im November 2009 geschlossenen „Zeitmietvertrag“ wurde vereinbart, dass das Mietverhältnis im November 2009 beginnt und Ende Oktober 2012 endet. Trotz dieser vermeintlich fest vereinbarten Vertragslaufzeit erklärten die Kläger bereits im Oktober 2010, d. h. zwei Jahre vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit, die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Mit ihrer Klage nehmen die Kläger die Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.
Hintergrund
Ein Zeitmietvertrag ist ein befristeter Mietvertrag, bei dem das Mietverhältnis grundsätzlich mit dem Ablauf der Zeit endet, für die es eingegangen ist, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Neben der eindeutigen zeitlichen Befristung bedarf es zur Wirksamkeit der Befristung eines Sachgrundes. Entsprechende Sachgründe sind in § 575 Abs.1 BGB abschließend benannt. Der bekannteste Grund ist die Absicht des Vermieters, die Räume nach Ablauf der Mietzeit selbst zu nutzen. Der Sachgrund ist bei Vertragsschluss schriftlich mitzuteilen.
Jeder Zeitmietvertrag, der die dort normierten Voraussetzungen nicht erfüllt, gilt nach § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist daher wie jeder unbefristete Wohnraummietvertrag kündbar (§ 542 Abs. 1 BGB).
Entscheidung
Der BGH hat die Wirksamkeit der Kündigung verneint.
Die im Mietvertrag vorgesehene Befristung sei unwirksam, da es bei Vertragsschluss an der schriftlichen Angabe eines notwendigen Befristungsgrundes mangele. Rechtsfolge wäre, dass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelte und somit beiderseits jederzeit ordentlich kündbar sei.
Der BGH greift in seiner Entscheidung jedoch zur Möglichkeit der Vertragsauslegung: Durch die Unwirksamkeit der von den Parteien gewollten Regelung sei eine ungeplante Vertragslücke entstanden. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sei diese unter Berücksichtigung dessen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der vereinbarten Vertragsbestimmung bekannt gewesen wäre, zu schließen.
Aus der Aufnahme der zeitlichen Befristung für den Zeitraum November 2009 bis Oktober 2012 leitet der BGH einen bei Vertragsschluss beiderseits bestehenden Willen der Parteien ab, dass das Mietverhältnis jedenfalls für diese Zeit Bestand haben sollte. Hätten die Parteien die Unwirksamkeit der von ihnen gewollten Befristung erkannt, hätten sie stattdessen einen beiderseitigen Kündigungsverzicht bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit (Oktober 2012) vereinbart. Durch diese Auslegung werde das von beiden Vertragsparteien angestrebte Ziel einer Bindung für die im Vertrag bestimmte Zeit erreicht.
Anmerkung
Die Entscheidung des BGH unterstellt einen Willen der Parteien, sich für eine bestimmte Vertragslaufzeit aneinander zu binden. Die Ermittlung des Parteiwillens ist eine Einzelfallprüfung. Ein genereller Grundsatz, dass bei der Unwirksamkeit eines Zeitmietvertrages von einer Auslegung dahingehend auszugehen ist, dass an dessen Stelle ein beiderseitiger Kündigungsverzicht tritt, kann hieraus nicht abgeleitet werden.
Bei Abschluss eines befristeten Wohnraummietvertrages ist tunlichst darauf zu achten, dass dieser die gesetzlichen Kriterien erfüllt; kurz umrissen:
- zeitliche eindeutige Befristung,
- Befristungsgrund,
- schriftliche Mitteilung des Grundes bei Vertragsschluss.