Sachverhalt
Die Bauherrin hatte einen Architekten mit der Planung eines Erweiterungsbaus für ein Wohnhaus beauftragt. Der Architekt war mit der Vollarchitektur beauftragt, er sollte also die Leistungen erbringen, die in den Leistungsphasen 1 bis 9 der HOAI beschrieben sind.
Vor seiner Beauftragung hatte der Architekt der Bauherrin ein Honorarangebot vorgelegt, in dem die anrechenbaren Kosten mit 425.000,00 DM angegeben waren. Tatsächlich werden zur Ausführung des Erweiterungsbaus Aufträge in Höhe von 691.630,97 Euro erteilt.
Die Bauherrin kündigte daraufhin den Architektenvertrag.
Entscheidung
Der Senat stellt heraus, dass bei erheblicher Überschreitung einer vereinbarten Bausumme (hier: 691.630,97 Euro, statt 425.000,00 DM) der Bauherr zur fristlosen Kündigung des Architektenvertrags berechtigt sein kann.
Die Planungsleistung eines Architekten entspreche nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn die Baukosten zu hoch seien. Der Architekt müsse die Planungsvorgaben des Bauherrn zu den Herstellungskosten beachten. Das OLG Celle hat in den Entscheidungsgründen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes angeführt und insbesondere auf das Urteil des BGH vom 21. März 2013 (VII ZR 230/11) verwiesen.
Nach dieser BGH-Rechtsprechung entspricht die Planungsleistung eines Architekten dann nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien des Architektenvertrages vereinbart sind. Aus diesem Grunde obliegt es dem Architekten, die Planungsvorgaben seines Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten.
In diesem Zusammenhang muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten, vielmehr ist er auch verpflichtet, ihm anderweitig bekannte Kostenvorstellungen seines Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. Da der Architekt schon in einem früheren Planungsstadium gehalten ist, den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzuklären, muss er daher die Kostenvorstellungen des Auftraggebers grundsätzlich von sich aus im Rahmen der Grundlagenermittlung, spätestens jedoch bei der Vorplanung, erfragen. Der Architekt verletzt daher seine Vertragspflichten, wenn er seine Planungen ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des Auftraggebers vornimmt.
Die Frage, inwieweit der Auftraggeber seine vom Architekten zu beachtenden Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht hat, bleibt dabei der Würdigung des Einzelfalls vorbehalten. Hinreichend ist in diesem Zusammenhang allerdings, wenn der Auftraggeber zum Ausdruck bringt, dass die Baukosten maximal einen bestimmten Betrag nicht überschreiten sollten. Diese Erklärung muss dabei nicht einmal ausdrücklich abgegeben werden; insoweit reicht es aus, wenn der Architekt die Vorstellungen des Auftraggebers auch anderweitig, beispielsweise im Zusammenhang mit den geführten Planungsgesprächen, entnehmen kann.
Gleichfalls ist nicht erforderlich, dass eine genaue Baukostenobergrenze zum Ausdruck kommt, sondern die Vorstellungen des Auftraggebers ungefähr umrissen sind. Aus diesem Grund muss insbesondere auch im Fall erweiterter oder geänderter Planungswünsche des Auftraggebers der Architekt die damit verbundene Kostensteigerung im Auge behalten und den Auftraggeber darauf hinweisen, soweit dessen Wünsche den vorgegebenen Rahmen zu sprengen drohen.
Da der Architekt im vorliegenden Fall erst kurz vor Vertragsschluss ein Honorarangebot mit anrechenbaren Kosten in Höhe von 425.000,00 DM vorgelegt habe, habe er von diesem Betrag als Obergrenze ausgehen müssen.
Gleichwohl sei das Landgericht zu Unrecht von einer Kündigung aus wichtigem Grund ausgegangen. Es müsse erst ermitteln, ob die Kostensteigerung - wie vom Architekten vorgetragen - auf Änderungs- und Sonderwünsche der Bauherrin zurückginge und er auf die Erhöhung der Baukosten hinreichend aufmerksam gemacht habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Bauherrin fachlich durch ihren Ehemann, der ein Spezialtiefbauunternehmen betreibe, beraten worden sei.
Praxishinweis
Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung kann also im Einzelfall eine konkludente Vereinbarung einer Baukostenobergrenze angenommen werden.
Ein Verstoß hiergegen kann weitreichende Folgen haben und den Auftraggeber sogar bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen im Einzelfall zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen. Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, ist dem Architekten allerdings in aller Regel zunächst Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben.
Der Verstoß gegen eine Baukostenvereinbarung kann sich auch auf das Honorar auswirken. Wenn der Architekt die vereinbarten Baukosten pflichtwidrig überschritten hat (was der Auftraggeber allerdings beweisen muss), so darf er sein Honorar nicht nach den tatsächlichen anrechenbaren Kosten, sondern nur nach den geringeren vereinbarten Kosten abrechnen.