Keine konkludente Abnahme bei gerügten Mängeln - Eine ausdrückliche Erklärung des Bestellers, das Werk sei nicht abnahmefähig schließt eine anschließende konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme aus.

OLG Stuttgart Urteil vom 19.04.2011 – 10 U 116/10 (noch nicht rechtskräftig)

Sachverhalt

Ein Auftragnehmer (AN) begehrt vor Gericht noch ausstehenden Werklohn für die Ausführung eines Estrichbodens in einem Geschäft des Auftraggebers (AG). Der AG rügt Mängel, zu denen der Auftragnehmer (AN) erklärt, dass er „nicht mehr machen könne“. Daraufhin bringt der AG selbst eine neue Beschichtung des Estrichbodens auf und bezieht später das Geschäft und nimmt den Betrieb auf. Der AN begehrt seine aussstehende Vergütung.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht weist die Klage des AN ab. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass bereits keine Abnahme – die Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohnes ist – vorliegt. Zwar könne in einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme (hier die Benutzung des Ladengeschäftes) eine schlüssige, d.h. konkludente Abnahmeerklärung zu sehen sein. Diese komme jedoch dann nicht mehr in Betracht, wenn die Arbeiten mangelhaft ausgeführt worden sind und die Ingebrauchnahme trotz dieser Mängel aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles erzwungen war. In dem vorliegenden Fall war auch kein sog. Abrechnungsverhältnis entstanden, was das Erfordernis der Abnahme entbehrlich gemacht hätte. Denn der AG hatte nach Auffassung des Gerichts nur die nachteiligen Auswirkungen des Mangels beseitigt.

Hinweis für die Praxis

Ob das Urteil tatsächlich Bestand haben und in Rechtskraft erwachsen wird, bleibt noch abzuwarten. Mit guten Gründen hätte man wohl auch vertreten können, dass sehr wohl ein Abrechnungsverhältnis bestand, weil der AG eine Neubeschichtung des Bodens ausgeführt hatte. Die Entscheidung verdeutlicht dennoch aber, dass aus Sicht des AN die Frage der Abnahme vor Geltendmachung des Vergütungsanspruchs geklärt werden sollte. Hierzu bietet es sich an, von vornherein die Durchführung einer förmlichen, d.h. schriftlichen Abnahme zu vereinbaren bzw. diese zu verlangen. Zudem sollte der AG zur Erklärung der Abnahme innerhalb einer angemessenen Frist zur Erklärung der Abnahme aufgefordert werden. Die Abnahme gilt nach Ablauf dieser Frist als erklärt (§ 641 BGB), sofern nicht wesentliche Mängel, die zur Verweigerung der Abnahme berechtigen, vorliegen.

Thorsten Krull
Rechtsanwalt