Der Vermieter von Gewerberaum ist während des laufenden Mietverhältnisses nicht berechtigt, zur Durchsetzung seiner Ansprüche – wie etwa Zahlung der Kaution – seine Leistung aus der Verpflichtung zur Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser zurückzubehalten, denn es handelt sich um eine nicht nachholbare Leistung.
Auch nach Beendigung des Mietverhältnisses kann sich aus Treu und Glauben eine nachvertragliche Verpflichtung zur Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser ergeben.
Sachverhalt (verkürzt)
Zwischen den Parteien bestand ein Gewerbemietverhältnis, in dem auch geregelt war:
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Zustandekommen des Mietvertrages aufgeschoben bleibt bis zur vollständigen Zahlung der vereinbarten Kaution. In dieser Zeit schuldet der Mieter Nutzungsentschädigung und Erstattung von Bewirtschaftungskosten in Höhe der vertraglichen Abreden.“
Die Kaution wurde nicht gezahlt; das Mietverhältnis wurde gekündigt und der Vermieter kappte die Versorgung des Mietobjektes mit Strom, Wärme und Wasser. Gegen dieses Vorgehen richtete sich eine einstweilige Verfügung des Mieters auf Wiederherstellung der Stromlieferung, die vor dem Landgericht ohne Erfolg blieb.
Entscheidung
Auf die Berufung des Mieters erließ das Kammergericht antragsgemäß eine einstweilige Verfügung.
Zunächst ließ das Kammergericht ausdrücklich offen, ob die Regelung einer aufschiebenden Bedingung (Kaution als Voraussetzung für MV) überhaupt wirksam sein könne, da die Zahlung von Nutzungsentschädigung auch die Invollzugsetzung des Mietverhältnisses und die Erfüllung aller Vertragspflichten durch den Vermieter voraussetze. Das Kammergericht ging von einem konkludenten Zustandekommen des Vertrages aus.
Obwohl das Mietverhältnis beendet gewesen sein könnte, stehe dem Vermieter eine Zurückbehaltung der Stromlieferung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zu, weil sich hier eine nachvertragliche Verpflichtung durch den besonderen Vertragszweck ergäbe: Der Mieter betreibt eine Kfz-Werkstatt. Dadurch drohe dem Mieter hier ein besonders hoher Schaden, wenn die Stromversorgung nicht wiederhergestellt werden würde. Aus dieser Existenzbedrohung erwächst nach Ansicht des Kammergerichtes eine nachvertragliche Versorgungspflicht.
In die Abwägung stellte das Kammergericht zugunsten des Mieters ein, dass der Mieter glaubhaft machen konnte, die monatlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Vermieter in Höhe von 5.000,00 EUR zu erbringen. Daher entstehe dem Vermieter kein weitergehender Schaden.
Anmerkung
Die Entscheidung ist wegen der Besonderheiten des Einzelfalls richtig. Für die Praxis bedeutet sie, dass Versorgungssperren nach Beendigung des Mietverhältnisses im Gewerbebereich nur dann möglich sind, wenn
dem Vermieter kein erheblicher weiterer Schaden durch die Aufrechterhaltung der Versorgung entsteht (Mietzinsausfall, Betriebskostenvorleistung) und/oder
keine Existenzbedrohung des Mieters (der nicht oder nur in geringem Maße zahlungssäumig ist) zu befürchten ist.
Mit anderen Worten: Der Mieter, der sich wegen erheblicher Rückstände mit Mietzins inklusive Betriebskostenvorauszahlungen einer Versorgungssperre ausgesetzt sieht, wird sich nicht auf die Entscheidung des Kammergerichtes stützen können. In außergerichtlichen Gesprächen sollte man mit Blick auf die Reduzierung von Mietzinsausfällen auf den Mieter einwirken: Strom gegen Zahlung der Rückstände, ansonsten Sperre.