Keine unzulässige gewerbliche Nutzung der Wohnung bei Lagerung von Hausrat und Veräußerung dieses Hausrates aus dieser Wohnung heraus

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 08.12.2010, VIII ZR 93/10

Sachverhalt

Die Parteien waren mit einem Wohnraummietvertrag verbunden. Der Mieter zog in eine andere als die angemietete Wohnung; der Vertrag bestand jedoch fort. Diese Wohnung behielt er als Nebenwohnung bei. In dieser Wohnung lagerte der Mieter eine Vielzahl von Gegenständen, z.B. Hausrat und Gegenstände, die von ihm und Verwandten stammten. Diesen Hausrat bot er in Annoncen zum Verkauf an. Kaufinteressenten kamen zu dem Mieter in die Wohnung, um sich den angebotenen Hausrat anzusehen und ihre Kaufentscheidung zu treffen. Der Vermieter klagte auf Unterlassung, diese Räumlichkeiten zu gewerblichen Zwecken zu nutzen und verlor in allen drei Instanzen.

Die Entscheidung des BGH

Zunächst führte der BGH aus, dass den Wohnungsmieter keine Gebrauchspflicht an der von ihm angemieteten Wohnung trifft. Mit dieser Klarstellung tritt er ganz offensichtlich einem Irrglauben in der Öffentlichkeit entgegen, da noch häufig angenommen wird, der Vermieter müsse – ähnlich wie bei einer Gewerbeimmobilie – eine Wohnpflicht erfüllen. Das ist falsch. Die Entscheidung, wo der Mieter schließlich tatsächlich wohne, sei eine höchstpersönliche Entscheidung; dass er sich in anderen Räumlichkeiten nur sporadisch oder gar nicht aufhielt, ist seiner Entscheidung überlassen.

Die Lagerung von Hausratsgegenständen fasst der BGH unter den klassischen Begriff der Wohnraumnutzung. Dies sei auch dann der Fall, wenn die Anzahl und Anordnung in der Mietwohnung erheblich sei und auch Hausrat von Familienangehörigen zum Zwecke der Veräußerung gelagert würde. Die Gegenstände würden hier nicht angekauft, um später gewinnbringend weiterverkauft zu werden. Deshalb bedarf es keiner besonderen Vereinbarung mit dem Vermieter.

Anmerkungen

Die Entscheidung überzeugt nicht, macht aber deutlich, dass der BGH eine sehr großzügige Vorstellung von der Nutzung einer Wohnung „zu Wohnzwecken“ hat. Es scheint ein wenig so, dass der BGH bei diesem Fall geglaubt hat, was er glauben wollte. Offensichtlich ist es dem Vermieter nicht gelungen, darzulegen, dass der Verkauf des Hausrates nicht ausschließlich aus dem Hausratsbestand des Mieters und seiner Verwandten stammte, denn er setzt sich über den Begriff der gewerblichen Tätigkeit hinweg. Hätte der BGH in dieser Entscheidung eine gewerbliche Aktivität des Mieters annehmen müssen, so wäre er unter Berücksichtung der bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 14.07.2009 zum Aktenzeichen VII ZR 165/08) gezwungen gewesen, dem Unterlassungsanspruch stattzugeben. Auch vom BGH anerkannt ist, dass Aktivitäten gewerblicher Art dann nicht zu dulden sind, wenn sie nach außen in Erscheinung treten. Das ist z. B. dann der Fall, wenn eine Geschäftsadresse angegeben wird, oder Kaufinteressenten in der Wohnung empfangen werden. Aber auch hier wird teilweise argumentiert, dass dies allein nicht reicht. Vielmehr sei noch auf die tatsächlichen Beeinträchtigungen für die Mietsache und die übrigen Hausbewohner abzustellen.

Fazit

Es ist sehr viel Vorsicht geboten, eine vom klassischen Wohnzweck abweichende Nutzung der Wohnung durch den Mieter zu sanktionieren. Bevor ein solches Vorgehen gegen den Mieter in Erwägung gezogen wird, sollten handfeste Anzeichen für eine Außenwirkung festgestellt und dokumentiert werden. Um einen Unterlassungsanspruch oder sogar einen Räumungsanspruch nach Kündigung durchzusetzen, sollte darüber hinaus ein Augenmerk auf die Beeinträchtigungen der gewerblichen Tätigkeit auf die Mietsache selbst und die Mitbewohner gelegt werden.

Tilo Krause
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
Rechtsgebiet
Wohnungseigentumsrecht