In einem Beschluss vom Oktober 2013 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein von einem Ehegatten nach Trennung erzielter Lottogewinn in den Zugewinnausgleich fällt und damit vermögensrechtliche Ausgleichsansprüche des anderen Ehegatten auslöst.
Sachverhalt
Die Beteiligten haben im Jahr 1971 geheiratet. Sie trennten sich im August 2000. Seit 2001 lebt der Ehemann (Antragsgegner in diesem Verfahren) mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen. Im November 2008 erzielte der Ehemann zusammen mit seiner neuen Lebensgefährtin einen Lottogewinn in Höhe von insgesamt 956.333,10 EUR.
Ein Scheidungsantrag wurde dann erst durch die Ehefrau (Antragstellerin) Anfang des Jahres 2009 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Ehegatten also schon fast neun Jahre getrennt.
Die Ehe wurde im Oktober 2009 rechtskräftig geschieden.
Die Anwälte der Ehefrau (Antragstellerin) verlangten nun von dem Ehemann Zugewinnausgleich in Höhe von insgesamt 242.500,00 EUR. Dies entspricht der Hälfte des auf den Antragsgegner (Ehemann) entfallenden Anteils an dem Lottogewinn.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zunächst in voller Höhe verurteilt. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und den Antragsgegner lediglich zu einer Zahlung von knapp 8.000,00 EUR verpflichtet. Dagegen hat dann wiederum die Antragstellerin Rechtsbeschwerde zum BGH erhoben, der nun über die Sache entscheiden musste.
Hintergründe
Der Fall beschäftigt sich im Wesentlichen mit Fragen der Berechnung von Zugewinnausgleichsansprüchen. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist der sogenannte gesetzliche Güterstand. Wenn Ehegatten keine gesonderten ehevertraglichen Regelungen getroffen haben, lebt ein Ehepaar automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Ein Lottogewinn mag zwar nicht sehr wahrscheinlich sein, die Grundsätze einer Vermögensbewertung im Zugewinnausgleich werden jedoch auch für Ehegatten in Berlin, u. a. aus den Bezirken Prenzlauer Berg und Pankow sowie aus Berlin-Mitte und Friedrichshain, interessant sein.
Nähere Informationen zum Güterrecht und zum Zugewinnausgleich finden Sie hier.
In dem jetzt vom BGH entschiedenen Fall geht es vor allem darum, welche Vermögenswerte in den Zugewinn fallen. Bei einer Berechnung von Zugewinnausgleichsansprüchen werden zwei Stichtage, nämlich das sogenannte Anfangsvermögen und das Endvermögen, gegenübergestellt. Das Anfangsvermögen wird durch den Tag der Eheschließung definiert. Stichtag für das Endvermögen ist der Tag der Zustellung eines Scheidungsantrages. Ein Ehegatte hat nur immer dann einen Zugewinn erzielt, wenn sich sein Vermögensbestand zwischen den beiden Stichtagen vermehrt hat. Ganz wichtig ist hier, dass das Endvermögen nicht etwa schon durch den Zeitpunkt der Trennung, sondern erst durch den Zeitpunkt der Zustellung eines Scheidungsantrages bestimmt wird. Hier kommt es nun häufig vor, dass Ehegatten lange Zeit getrennt leben und keiner von ihnen einen Scheidungsantrag stellt. Mit diesen Problemen hatte nun auch der Ehemann in dem Fall vor dem BGH zu kämpfen. Die Ehegatten lebten ja schon seit August 2000 getrennt und der Lottogewinn wurde erst im November 2008 erzielt.
Zu klären war nun also, ob der Lottogewinn Teil des für eine Zugewinnausgleichsberechnung maßgeblichen Endvermögens des Ehemannes ist.
Die Anwälte des Ehemannes vertraten dann natürlich die Auffassung, dass der Lottogewinn nicht in das Endvermögen des Ehemannes fällt. Dieser müsse ähnlich wie Schenkungen und Erbschaften behandelt werden. Schenkungen und Erbschaften gehören gemäß § 1374 Abs. 2 BGB zu den sogenannten privilegierten Erwerbstatbeständen. Schenkungen und Erbschaften fallen grundsätzlich nicht in den Zugewinnausgleich. Außerdem müsse gemäß den Anwälten des Ehemannes die lange Trennungszeit berücksichtigt werden.
Die Anwälte der Ehefrau sahen dies natürlich anders; diese waren der Meinung, dass der Lottogewinn in das Endvermögen des Mannes fällt und damit Zugewinnausgleichsansprüche auslöst.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat im Ergebnis der Ehefrau und Antragstellerin Recht gegeben und den Mann zur Zahlung in Höhe von 242.500,00 EUR verurteilt.
Laut BGH kann der Argumentation der Anwälte des Ehemannes nicht gefolgt werden. Der Lottogewinn könne nicht als privilegiertes Anfangsvermögen entsprechend § 1374 Abs. 2 BGB bei der Berechnung des Zugewinns unberücksichtigt bleiben; diese Vorschrift sei nur gezielt auf Erbschaften oder Schenkungen anwendbar. Eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht.
Der BGH sah in der langen Trennungszeit der Ehegatten auch keine unbillige Härte, die den Ehemann zu einer Verweigerung von Zugewinnausgleichszahlungen berechtigen würde. Der BGH gibt zwar zu bedenken, dass der Lottogewinn und der damit verbundene Vermögenszuwachs keine innere Beziehung zur Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten habe. Bei einer Gesamtschau der ehelichen Lebensverhältnisse sei eine Ausgleichspflicht des Ehemannes aber nicht unbillig, also ungerecht. Die Ehegatten hätten insgesamt immerhin bis zur Trennung 29 Jahre zusammengelebt und es seien drei Kinder aus der Ehe hervorgegangen.
Im Ergebnis musste der Ehemann dann also zahlen.
Praxishinweis
Mit der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof noch einmal bestätigt, dass grundsätzlich nur Erbschaften und Schenkungen vom Ansatz her aus dem Zugewinn herausgerechnet werden. Vermögenszuwächse, die auf andere Weise eintreten, werden grundsätzlich beim Zugewinn berücksichtigt. Dies liegt auch auf der bisherigen Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Die Entscheidung hebt allerdings noch einmal deutlich hervor, dass eine lange Trennungszeit und ein währenddessen erzielter Vermögenszuwachs durchaus zu fragwürdigen Ergebnissen führen kann. Die Entscheidung zeigt auch, dass es vor diesem Hintergrund durchaus sinnvoll ist, zeitnah nach Ablauf des Trennungsjahres einen Scheidungsantrag zu stellen. Ansonsten besteht bei einer positiven Vermögensentwicklung das Risiko, dass der andere Ehegatte davon im Rahmen des Zugewinnausgleiches unangemessen profitiert.