Neue BGH-Entscheidung zur Schwarzarbeit

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BGH, Urteil vom 01.08.2013, Az. VII ZR 6/13

I.  Schwarzarbeit schädigt gesetzestreue Unternehmer sowie Arbeitnehmer und verursacht enorme Einnahmeausfälle bei den Sozialkassen und dem Fiskus. Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern handfeste Wirtschaftskriminalität, die dem Gemeinwesen schweren Schaden zufügt.  

Anfang dieses Jahrtausends hatte die Schwarzarbeit in Deutschland ein alarmierendes Niveau erreicht. Vor diesem Hintergrund trat zum 01.08.2004 ein neues Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG vom 23. Juli 2004, BGBl. I S. 1842) in Kraft. Die Tatbestände der Schwarzarbeit sind dabei gegenüber dem zuvor geltenden Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwArbG) erheblich erweitert worden.

Schon vor dem neuen SchwarzArbG galt: Hatten beide Parteien eines Bauvertrages gegen das SchwArbG verstoßen, so richtete sich der Bauvertrag gegen ein gesetzliches Verbot und war daher gemäß § 134 BGB nichtig. Das hatte der BGH bereits im Jahre 1982 entschieden (BGH, Urteil v. 23.9.1982 - VII ZR 183/80). Vertragliche Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche des Auftraggebers waren dann wegen der Nichtigkeit des Vertrages zwar grundsätzlich nicht gegeben; der BGH entschied jedoch in dem zuvor genannten Urteil, dass dem Auftraggeber trotz Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB ausnahmsweise nach den Grundsätzen von Treu und Glauben solche Ansprüche zustehen.

Durch die Neuregelungen im Jahre 2004 bedurfte es einer neuen Bewertung, ob die erheblich erweiterten Tatbestände im SchwarzArbG es erfordern, die zivilrechtlichen Verträge, denen Schwarzarbeit zugrunde liegt, als nichtig anzusehen.

II.  Der Bundesgerichtshof hatte jetzt erstmals einen Fall zu beurteilen, auf den die Vorschriften des seit dem 01.08.2004 geltenden SchwarzArbG Anwendung finden.

Die Parteien hatten vereinbart, dass der Werklohn in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden sollte (sog. „Ohne-Rechnung-Abrede“). Der BGH hat entschieden, dass der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB nichtig sei (siehe BGH, Urteil vom 01.08.2013, Az. VII ZR 6/13) .

Die Neuregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthalte das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dabei vorgesehen sei, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führe jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.
Damit gibt der BGH zu erkennen, dass die sog. „Ohne-Rechnung-Abrede“ dem Tatbestand der Neuregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG unterfällt.

Die Nichtigkeit des Werkvertrages führe dementsprechend dazu, dass dem Besteller hieraus grundsätzlich keine Mängelansprüche zustehen können.

III.  Nun könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich der BGH in Widerspruch zu seinen bisherigen Entscheidungen setzt, denen die sog. „Ohne-Rechnung-Abrede“ zugrunde lag.

Im Jahre 2008 hatte sich der BGH in zwei viel diskutierten Urteilen mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss die „Ohne-Rechnung-Abrede“ auf Mängelrechte des Auftraggebers hat. Eine solche Abrede stellt zwar einen Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG dar, denn sie dient regelmäßig dazu, Steuern zu hinterziehen; ein Tatbestand des SchwArbG in alter Fassung war damit aber wohl nicht erfüllt. Die neuen Vorschriften des SchwarzArbG waren noch nicht anwendbar, da dem BGH Sachverhalte zur Entscheidung vorlagen, die sich vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes zugetragen hatten.

Die Nichtigkeit der Abrede erfasste allerdings nicht den gesamten Vertrag, denn war mit der Abwicklung des Vertrages eine Steuerhinterziehung verbunden, so war der Vertrag nur dann nach § 134 BGB nichtig, wenn die Steuerhinterziehung dessen Hauptzweck war.

Hauptzweck des Bauvertrages ist aber in aller Regel die Errichtung des Bauwerks, sodass die Nichtigkeit aus der Anwendung des § 134 BGB nur im Ausnahmefall in Betracht kam. Ist (nur) ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist aber dennoch das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde (§ 139 BGB). Daher konnte man einen solchen Vertrag nur dann als insgesamt wirksam ansehen, wenn angenommen werden konnte, dass ohne die „Ohne-Rechnung-Abrede“ bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung der Vertrag zu denselben Konditionen, insbesondere derselben Vergütungsregelung, abgeschlossen worden wäre, was wiederum selten der Fall gewesen sein dürfte.

Der BGH ließ die Frage der Gesamtnichtigkeit des Vertrages in den beiden oben genannten Entscheidungen aus dem Jahre 2008 offen. Er entschied jedoch, dass die Auftragnehmer sich wegen der ihnen gegenüber geltend gemachten Mängel- bzw. Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen konnten, was auf heftige Kritik stieß, obwohl der BGH derart schon in dem eingangs erwähnten Urteil aus dem Jahre 1982 entschieden hatte.

IV.  Der BGH setzt sich mit seinem jetzt veröffentlichten Urteil zu seiner bisherigen Rechtsprechung nicht in Widerspruch. Zwar lag das vollständige Urteil bei Abfassung dieses Beitrages noch nicht vor. Laut Pressemitteilung führt die Nichtigkeit des Werkvertrages aber dazu, dass dem Auftraggeber hieraus grundsätzlich keine Mängelansprüche zustehen können.

Das jedenfalls steht nicht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des BGH. Offensichtlich hat der BGH in dem jetzt entschiedenen Fall – anders als in den Fällen aus dem Jahre 2008 –  keine Veranlassung gesehen, dem Auftragnehmer ausnahmsweise Ansprüche zuzugestehen, was wohl in den Neuregelungen des SchwarzArbG begründet ist, die diesmal zur Entscheidungsfindung herangezogen werden durften.