Nichtladung eines Wohnungseigentümers führt grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 20.07.2012, Az. V ZR 235/11

Wird ein Wohnungseigentümer nicht zur Eigentümerversammlung geladen, führt die Nichtladung regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse.

Sachverhalt

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von einem Teileigentümer die Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.759,77 Euro aus Einzeljahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen. Die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne wurden in Eigentümerversammlungen genehmigt, an denen der Teileigentümer nicht teilgenommen hatte. Es stellte sich heraus, dass der Teileigentümer zu diesen Eigentümerversammlungen nicht geladen worden war. Der Teileigentümer verteidigte sich schließlich damit, dass die jeweiligen Genehmigungsbeschlüsse aufgrund der nicht erfolgten Ladung nichtig seien.

Das Amtsgericht hat die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft abgewiesen. Die Berufung bliebt erfolglos. Aus diesem Grund wandte sich die Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Revision zum Bundesgerichtshof.

Hintergrund

Die Pflicht des Sondereigentümers zur Leistung von Beiträgen an die Wohnungseigentümergemeinschaft setzt einen Beschluss der Gemeinschaft (über Wirtschaftsplan und/oder Jahresabrechnung) voraus.

Ein Beschluss ist grundsätzlich solange wirksam, bis er durch ein Gericht rechtskräftig für unwirksam erklärt wird. Wird ein anfechtbarer Beschluss nicht innerhalb der Anfechtungsfrist von einem Monat angefochten, so wird er bestandskräftig.

Etwas anderes gilt für einen nichtigen Beschluss.  Dieser erzeugt keine Rechtswirkung. Die Feststellung seiner Nichtigkeit ist nicht von der Einhaltung einer Anfechtungsfrist abhängig.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass die Nichtladung einzelner Wohnungseigentümer die in einer Versammlung gefassten Beschlüsse grundsätzlich nur anfechtbar macht, nicht aber zur Nichtigkeit der Beschlüsse führt. Etwas anderes sei zwar in ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen anzunehmen, etwa dann, wenn in böswilliger Weise ein Wohnungseigentümer gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden sollte. Ein solcher Ausnahmefall liege jedoch dann nicht vor, wenn der Teileigentümer – wie hier – irrtümlich nicht geladen wurde.

Anmerkung

Bisher ist der Bundesgerichtshof im Fall unterbliebener Ladungen ausnahmslos davon ausgegangen, dass lediglich eine Anfechtbarkeit, nicht aber eine Nichtigkeit von Beschlüssen vorliege. Nun aber spricht der Bundesgerichtshof erstmals von „ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen“, die zu einer Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führen können. Hiermit bringt der Bundesgerichtshof zum Ausdruck, dass es nach seiner Einschätzung also Fälle gibt, in denen bei einer Nichtladung von einer Nichtigkeit von Beschlüssen auszugehen ist. Nachdem der Bundesgerichtshof als Beispiel benennt, dass ein Sondereigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden soll, ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof mit einem derartigen Ausnahmefall den Fall einer vorsätzlichen Nichtladung meint.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht