Schadenersatz des Wohnungseigentümers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen unterlassener Instandsetzung

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

LG Hamburg, Urteil vom 31.08.2011, 318 S 258/10

Unterlässt eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Kenntnis eines Instandset-zungsbedarfes notwendige Sanierungsmaßnahmen und entsteht dadurch einem Wohnungseigentümer ein Schaden, so ist der Schadendersatzanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer, nicht aber gegen den teilrechtsfähigen Verband zu richten.

Sachverhalt

In der Wohnungseigentumsanlage bestand eine Durchfeuchtung von Wänden im Bereich des ge-meinschaftlichen Eigentums. Die Durchfeuchtung wirkte sich auf die Wohnung einer Miteigentü-merin aus, so dass sie diese für einen gewissen Zeitraum nicht vermieten konnte. Die Eigentümer hatten seit geraumer Zeit Kenntnis über die Problematik. Es wurden in der Folgezeit auch Be-schlüsse zur Beseitigung gefasst, diese mangels Liquidität nicht umgesetzt.

Die Miteigentümerin begehrte deshalb von der Wohnungseigentümergemeinschaft Ersatz wegen der Schäden, die ihr aufgrund der nicht möglichen Vermietbarkeit ihrer Wohnung entstanden sind.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendete sich die Miteigentümerin mit der Berufung zum Landgericht.

Hintergrund

Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamt-heit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Gemäß § 21 Abs. 1 WEG steht zwar den Wohnungseigentümern die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gemein-schaftlich zu. Gleichwohl wird jedoch von der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertreten, dass neben den Wohnungseigentümern auch die teilrechtsfähige Wohnungs-eigentümergemeinschaft selbst verpflichtet sein kann.

Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG übt die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die gemeinschaftsbezogenen Rechte aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. § 10 Abs. 6 Satz 3 unterscheidet somit zwi-schen originären gemeinschaftsbezogenen Rechten und Pflichten und solchen, die einen gemein-schaftlichen Bezug haben und deshalb durch Beschluss von der Wohnungseigentümergemein-schaft an sich gezogen werden können.

Vor diesem Hintergrund war zu klären, ob eine originäre Verpflichtung der Gemeinschaft der Woh-nungseigentümer aus § 21 Abs. 4 oder § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG vorliegt.

Die Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht schloss sich der Auffassung des Amtsgerichts an. Es vertritt die Auffassung, dass Schadenersatzansprüche wegen Schäden aufgrund nicht durchgeführter Instandsetzungsmaß-nahmen nicht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer selbst zu richten sind.

Zur Begründung führte es zunächst aus, dass für den Anspruch auf Schadenersatz nichts anderes gelten dürfe als für den Anspruch auf Durchführung der Instandsetzungsmaßnahmen selbst. Will ein Wohnungseigentümer erreichen, dass Instandsetzungsmaßnahmen als Maßnahme und ord-nungsgemäße Verwaltung durchgeführt werden, so hat er nach ganz herrschender Auffassung eine Verpflichtungsklage auf Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu dieser Maßnahme zu erheben.

Das Landgericht vertrat weiterhin die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen keine originäre Gemeinschaftsbezogenheit im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG aufweise. Ansatz für ein Schadenersatzanspruch sei daher nur das pflichtwidrige Unterlassen der einzelnen Eigentümer, nicht aber ein solches des Verbandes.

Schließlich sei auch nicht zu erklären, wie der Verband der Wohnungseigentümer ein Verschulden treffen soll. Dieses läge auch schließlich bei den Eigentümern vor.

Anmerkungen

Die Auffassung des Landgerichts ist umstritten. Insoweit wird durchaus zu Recht angeführt, dass die Auffassung des Landgerichts zu zufälligen Ergebnissen führt. Denn auch nach der Auffassung des Landgerichts wäre die Eigentümergemeinschaft richtiger Anspruchsgegner, wenn ein Be-schluss im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG gefasst worden wäre, mit dem die Eigentümergemein-schaft die Zuständigkeit zur Durchführung der Instandsetzungsmaßnahmen an sich gezogen hätte.

Eines solchen Beschlusses bedarf es jedoch gemäß § 27 Abs. 3 Ziffer 3 WEG nicht bei laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung oder bei Klein- und Eilmaßnahmen. Insoweit wäre der Verband der Wohnungseigentümer plötzlich ohne zuvor gefassten Beschluss zuständig und richtiger Ansprechpartner.

Gleichwohl stellt die Entscheidung des Landgerichts Hamburg die derzeit herrschende Auffassung in der Rechtsprechung dar, weshalb sie zu berücksichtigen sein wird.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht