Schönheitsreparaturen: Wie angekündigt, kam die Kehrtwende

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 18.03.2015, Az. VIII ZR 185/14 und VIII ZR 242/13

Eine Formularklausel zur Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist unwirksam, wenn dem Mieter die Wohnung unrenoviert übergeben und ihm für die anfängliche Renovierung der Wohnung kein adäquater Ausgleich gewährt wurde.

Sachverhalt

In beiden Verfahren stritten die ehemaligen Mietvertragsparteien um Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. In dem Verfahren zum Aktenzeichen VIII ZR 185/14 stand fest, dass die Wohnung unrenoviert übergeben worden war. In dem Verfahren zum Aktenzeichen VIII ZR 242/13 hatte sich der Mieter mit dieser Behauptung verteidigt.

Amts- und Landgericht hatten jeweils die Mieter zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt und zur Begründung darauf abgestellt, dass die verwendeten Schönheitsreparaturklauseln den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes genügten. Die Mieter hatten sich mit dem Argument verteidigt, dass ihnen eine unrenovierte Wohnung übergeben wurde und sie deshalb durch eine Schönheitsreparaturenklausel unangemessen belastet werden.

Hintergrund

Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Tatsache, dass das Gesetz in § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht dem Mieter, sondern dem Vermieter auferlegt.

Die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen stellt dabei eine Hauptleistungspflicht des Vermieters dar. Obwohl dem Gesetzgeber quasi seit Bestehen des Bürgerlichen Gesetzbuches (1900!) bekannt ist, dass diese Regelung zumindest unglücklich ist, hat er keine Änderung vorgenommen.

Es entspricht herrschender Auffassung, dass die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auch im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf den Mieter verlagert werden kann. Dies ist deshalb problematisch, da an sich § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließt, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Insoweit nutzte der Bundesgerichtshof allerdings einen Kunstgriff und argumentierte, dass die Verlagerung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen mit der Zahlung von Miete gleichgesetzt werden kann, die Parteien also nichts weiter als die Gegenleistung für die Überlassung der Mietsache regeln (Entgelttheorie).

Gerade weil die Übertragung von Schönheitsreparaturen im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen so problematisch ist, sind enge Grenzen einzuhalten. Insbesondere ist es nicht zulässig, den Mieter im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen zur Beseitigung von Dekorationsmängeln, die er nicht selbst verursacht hat, zu verpflichten.

Vor diesem Hintergrund begegnete die Verwendung von Schönheitsreparaturklauseln bei der Vermietung unrenovierter Wohnungen schon seit Langem einem gewissen Argwohn. In seinem Rechtsentscheid vom 01.07.1987 (VIII ARZ 9/86) legte der Bundesgerichtshof allerdings fest, dass eine Schönheitsreparaturklausel bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung jedenfalls dann wirksam ist, wenn die zur Ausführung der Schönheitsreparaturen maßgeblichen Fristen erst mit dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen.

Diese Rechtsprechung wurde nicht zuletzt auf die Entgelttheorie gestützt, denn es wurde argumentiert, dass in diesem Fall dem Mieter einer unrenoviert übergebenen Wohnung derselbe Zeitraum bleibt, die notwendigen Renovierungskosten anzusparen, wie dem Mieter einer renoviert übergebenen Wohnung.

Im Januar 2014 deutete der Bundesgerichtshof in einem Hinweisbeschluss an, dass er möglicherweise von seiner Rechtsprechung abweichen würde (BGH, Hinweisbeschluss vom 22.01.2014, VIII ZR 352/12).

Im Juli 2014 urteilte schließlich das Landgericht Heilbronn – schon unter Verweis auf den Hinweisbeschluss des BGH –, dass eine Schönheitsreparaturenklausel im Fall einer unrenoviert überlassenen Wohnung unwirksam ist.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab den Mietern Recht.

Zur Begründung führte er aus, dass die formularmäßige Abwälzung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen dann unwirksam sei, wenn die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert übergeben werde. In einem solchen Fall sei es nicht auszuschließen, dass der Mieter mit Schönheitsreparaturenbedarf belastet werde, den nicht er, sondern sein Vormieter verursacht habe. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung dar.

Anmerkungen

In der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes zu seinen Entscheidungen wird darauf verwiesen, dass der Inhalt der Entscheidungen ein Ausfluss der erheblichen Verschärfung der Maßstäbe der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen sei. Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit diesen Entscheidungen der Bundesgerichtshof eine Korrektur einer alten, gleichwohl aber falschen Entscheidung vornimmt. Es war schlicht und ergreifend nicht einzusehen, warum ein Mieter, der seine Wohnung pfleglich behandelt und deshalb einen geringeren Renovierungsbedarf auslöst, ebenso behandelt werden soll wie ein Mieter, der im Zweifel das andere Extrem bedient.

Für die Praxis bedeuten diese Entscheidungen, dass die Übergabe renovierter Wohnungen und die Dokumentation dieses Zustandes an Bedeutung gewinnen werden. Insofern eine Wohnung nicht renoviert übergeben werden soll, muss zumindest darauf geachtet werden, dem Mieter einen adäquaten Ausgleich für den dann zu kalkulierenden Renovierungsbedarf zu gewähren.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof noch weitergeht und generell von der Möglichkeit der Abwälzung von Schönheitsreparaturen in Formularverträgen abrückt. Es liegt hier nun einmal ein Abweichen von einer gesetzgeberischen Grundentscheidung vor; ausgeschlossen sind weitere Eingriffe des Bundesgerichtshofes daher nicht.

Hierdurch würde zumindest der Druck auf den Gesetzgeber erhöht, denn die für beide Vertragsparteien sicherste Gestaltungsmöglichkeit wäre eine Verankerung der Verlagerung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen im Gesetz.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht