Schriftform im Gewerbemietverhältnis

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 23.01.2013, Az. XII ZR 35/11

Ist die Unterschrift eines Vertreters einer GbR auch dann schriftformwahrend, wenn sich die Vertretung nicht direkt, sondern nur aus den Umständen ergibt?

Sachverhalt

Eine überörtliche Sozietät, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist, mietete 2002 Kanzleiräumlichkeiten an; es war eine feste Laufzeit von 10 Jahren vorgesehen. Als Mieter war in der Urkunde die „R. W. & Partner … GbR“ eingetragen; einzelne Gesellschafter wurden nicht aufgeführt. Vonseiten der GbR wurde der Mietvertrag von einem Gesellschafter der GbR unterschrieben. Daneben wurde der Stempelabdruck der „R. W. & Partner … GbR“ gesetzt. Die Rechtsnachfolgerin der Vermieterin kündigte nach ca. 7 Jahren das auf 10 Jahre befristete Mietverhältnis ordentlich unter Verweis auf die Verfehlung der Schriftform und die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis dann mit den gesetzlichen Fristen kündigen zu können.

Die Entscheidung der Vorinstanzen und des BGH

Das Landgericht Essen hat in seiner Entscheidung vom 25.02.2010 keine Verfehlung der Schriftform angenommen. Diese Entscheidung ist sodann durch das OLG Hamm im Februar 2011 revidiert worden, da das Berufungsgericht der Überzeugung gewesen ist, dass der Unterschrift nur eines Gesellschafters nicht entnommen werden könne, dass er den Vertrag auch für die weiteren Gesellschafter der GbR mit unterzeichnet habe. Der Stempelaufdruck habe nicht hinreichend zuverlässig eine Vertretung der übrigen Mitgesellschafter ergeben.

Der BGH hat diese oberlandesgerichtliche Entscheidung aufgehoben, was die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts Essen zur Folge hat. Der BGH führt aus, dass das OLG Hamm im Ansatz zutreffend davon ausgegangen sei, dass das Schriftformerfordernis nicht erfüllt ist, wenn der für eine GbR abzuschließende Mietvertrag nur von einem einzelnen Gesellschafter unterzeichnet wird. In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung führt der BGH weiter aus, dass in der Urkunde kenntlich gemacht werden müsse, dass der unterzeichnende Gesellschafter die übrigen Gesellschafter vertritt. Nur ein solcher Zusatz schließe die Spekulation aus, dass noch Unterschriften der übrigen Gesellschafter fehlen könnten.   Anders als das OLG sieht der BGH die Offenbarung eines konkreten Vertretungsverhältnisses für die Gesellschaft durch den der Unterschrift beigefügten Stempelabdruck. Das Hinzusetzen des Stempels zu einer geleisteten Unterschrift weist den Unterschriftsleistenden als berechtigt durch den Stempelaussteller aus. Der BGH weist im Übrigen darauf hin, dass der Geschäftsverkehr dem Firmen- oder Betriebsstempel eine besondere Legitimationswirkung beimisst.

Anmerkung

Man kann die Entscheidung und Konsequenz für die Praxis kurz zusammenfassen: „Wer stempelt, der bleibt; schreiben allein genügt nicht mehr.“ Dem Vermieter oder beauftragten Verwalter sollte insbesondere bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder bei einer Partnerschaftsgesellschaft besonders wichtig sein, dass die Vertretungsbefugnis entweder durch den Zusatz entsprechender Schriftzeichen („i. V.“) oder aber zumindest respektive zusätzlich, sofern möglich, durch die Verwendung eines Firmenstempels abgesichert wird.
 
Natürlich wählt der Vermieter den sichersten Weg, wenn er die Vertretungsverhältnisse durch Vorlage einer Vollmacht, die dem Vertrag als Anlage beigefügt wird, flankiert. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit überschaubarem Gesellschafterbestand spricht auch nichts gegen die allersicherste Methode: Alle Gesellschafter unterschreiben den Mietvertrag.
 
Diese Ausführungen gelten selbstverständlich auch für den Fall, dass auf der Vermieterseite eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Vertragspartner wird.

Tilo Krause
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht