Schriftformrettungsklausel hilft nicht

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 22.01.2014, Az. XII ZR 68/10

Eine sogenannte mietvertragliche Schriftformheilungsklausel hindert den Grundstückserwerber für sich genommen nicht, einen Mietvertrag, in den er nach § 566 Abs.1 BGB eingetreten ist, unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu kündigen, ohne zuvor vom Mieter eine Heilung des Mangels verlangt zu haben.

Sachverhalt

In einen Mietvertrag über nicht zu Wohnzwecken dienende Räume mit 10-jähriger Laufzeit ist folgende Klausel aufgenommen worden:

„Alle Vereinbarungen, die zwischen den Parteien getroffen worden sind, sind in diesem Vertrag enthalten. Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Den Mietvertragsparteien sind die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse der §§ 550, 126 BGB bekannt. Sie verpflichten sich hiermit gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Dies gilt nicht nur für den Abschluss des Ursprungsvertrages/Hauptvertrages, sondern auch für Nachtrags-, Änderungs- und Ergänzungsverträge.“

Einige Zeit nach Abschluss des Mietvertrages kam es zwischen den Mietvertragsparteien zu Verhandlungen über ein zusätzliches Mieterkündigungsrecht, eine Verkürzung der Mietdauer um ca. drei Jahre sowie ein geändertes Optionsrecht. Es wurde eine Einigung erzielt. Den Inhalt der Einigung bestätigte der Vermieter mit einem Schreiben. Einige Jahre später wurde das Grundstück veräußert. Der Erwerber kündigte das Mietverhältnis mit gesetzlicher Frist und berief sich auf die Verletzung der Schriftform. Nachdem eine Räumung nicht erfolgte, erhob er Räumungsklage.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Mieter zur Räumung verurteilt. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes wandte diese sich mit der Revision zum Bundesgerichtshof.

Hintergrund

Gemäß § 550 Satz 1 BGB gilt ein Mietvertrag, der für mehr als ein Jahr abgeschlossen wird, dann als auf unbestimmte Zeit geschlossen, wenn der Abschluss des Mietvertrages nicht der Schriftform entspricht. Das bedeutet, ein unter Verstoß gegen die Schriftform geschlossener Gewerbemietvertrag ist dann jederzeit ordentlich, ohne Nennung von Gründen kündbar.

Gemäß § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwerber eines Grundstückes anstelle des Vermieters in die Rechte und Pflichten aus geschlossenen Mietverhältnissen ein. Eine Reihe von Mietvertragsformularen versucht, sich diese Regelung in der Weise zunutze zu machen, als dass Schriftformrettungsklauseln formuliert werden, in welche der Erwerber dann eintreten soll. Durch diese Klauseln soll der Erwerber entgegen dem Regelungsgefüge des § 550 BGB daran gehindert werden, eine Kündigung eines Mietvertrages, der unter Verletzung der Schriftform geschlossen worden ist, auszusprechen.

Über die Wirksamkeit derartiger Schriftformheilungsklauseln wurde in Rechtsprechung und Literatur heftig gestritten. Für eine Wirksamkeit derartiger Klauseln traten unter anderem das OLG Naumburg, das OLG Düsseldorf, das OLG Köln, das OLG Hamm und auch das Kammergericht ein.

Entscheidung

Die Revision des Mieters hatte keinen Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf die Funktion des § 550 BGB. Dieser solle den Erwerber, der immerhin zwingend gem. § 566 Abs.1 BGB in bereits geschlossene Mietverträge eintrete, vor solchen Vertragsklauseln schützen, die aus einem schriftlich geschlossenen Mietvertrag nicht ersichtlich sind. Vor dem Hintergrund der Funktion dieser Norm sei es mit dieser nicht vereinbar, wenn deren Wirkung über eine Schriftformrettungsklausel ausgeschlossen werden könne. Dies würde im Ergebnis zu einer Abbedingung der Norm führen. § 550 BGB stelle aber zwingendes Recht dar. Der Erwerber sei daher berechtigt gewesen, den Vertrag ordentlich zu kündigen.

Anmerkung

Die Entscheidung des BGH ist absolut zutreffend. Würde man Schriftformrettungsklauseln für zulässig erachten, könnte man § 550 BGB getrost streichen. Die Einhaltung der Schriftform wäre dann grundsätzlich nicht mehr erforderlich, insoweit zumindest eine derartige Klausel vereinbart worden wäre. Dies wiederum würde dazu führen, dass jegliche Zurückhaltung im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Nachträgen entfallen würde. Das Risiko dieser Entwicklung würden allein die Erwerber tragen müssen.

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Jan Hartmann
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht