Schriftformwahrung bei Mieterwechsel

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 30.01.2013, Az. XII ZR 38/12

Schriftform im Gewerbemietverhältnis

Sachverhalt

Die Klägerin, die als Vermieterin vor Gericht die Feststellung begehrte, dass das längerfristige Gewerbemietverhältnis mit der X GmbH nicht durch deren Kündigung beendet worden ist, vermietete 1996 an die N GmbH ein Gewerbeobjekt zum Betrieb eines Logistikunternehmens. Die N GmbH veräußerte zu einem späteren Zeitpunkt den gesamten Betrieb unter Übertragung aller Rechte und Pflichten auch aus den Mietverhältnissen an die X GmbH. Im Rahmen dieses Asset-Deals wurde eine Anlage aufgenommen, die verschiedene Mietobjekte, eingeteilt in Standorte, Bezeichnung der Vermieter und Angabe der zu zahlenden Mieten, enthielt. Für das streitgegenständliche Mietverhältnis stand geschrieben: „Standort: Hamburg, Vermieter: G, Mietzins 22.900,00 EUR“.
 
Die X GmbH kündigte einige Zeit nach dem Asset-Deal das Gewerbemietverhältnis ordentlich unter Bezugnahme auf ihre Position, dass die ursprüngliche Vertragsbefristung wegen der Verfehlung der Schriftform im Zuge des Asset-Deals untergegangen sei.

Entscheidung

Der BGH hat die Auffassung der Vorinstanz, des OLG Schleswig, bestätigt und die ordentliche Kündigung der X GmbH für wirksam erachtet. Die Übertragung des Gewerbemietverhältnisses zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien auf den neuen Mieter sei unter Verletzung der Schriftform erfolgt.
 
Der BGH führt aus, dass bei dem Wechsel einer Mietvertragspartei von der aktuellen Vertragsurkunde auf den Ausgangsvertrag und auf alle ergänzenden Urkunden verwiesen werden müsse, um die Schriftform zu wahren. Diesen Anforderungen haben die im Asset-Deal verwendeten Angaben nicht entsprochen. Es fehle hier an einer konkreten Bezeichnung des Mietobjektes sowie auch an der Angabe des Datums des Ursprungsmietvertrages.
 
Der BGH stellt außerdem klar, dass sich die X GmbH auf diesen Schriftformmangel auch berufen dürfe und sich nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) veranlasst sehen müsse, auf diesen Einwand zu verzichten. Nur wenn die Unwirksamkeit der vereinbarten langfristigen Vertragsdauer zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, könne eine Rechtsmissbräuchlichkeit anzunehmen sein, wenn man sich auf einen formalen Mangel beruft. Als Beispiel hierfür nennt der BGH die Tatsache, dass ein Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sonst eine besonders wichtige Treuepflicht verletzt habe. Dafür bestehen in dem hiesigen Fall keinerlei Anhaltspunkte.

Anmerkungen

Der BGH setzt seine Rechtsprechung konsequent fort. Der Entscheidung ist zu entnehmen, dass ausdrückliche Bezugnahmen auf die wesentlichen Vertragsbestandteile ausgereicht hätten. Eine körperliche Verbindung der Anlagen und verschiedenen Dokumente verlangt der BGH schon seit Langem nicht mehr. Die Auflockerungsrechtsprechung hat die hiesigen Beteiligten allerdings zu leichtsinnig werden lassen, indem sie das zu übertragende Mietverhältnis nur sehr unzureichend beschrieben haben.
 
Interesssant an diesem Fall ist, dass dem gar nicht aktiv gewordenen Vermieter das langfristige Mietverhältnis durch das Handeln des alten und des neuen Mieters quasi abhanden gekommen ist. Das liegt, wenn der Mietvertrag zwischen Vermieter und Mieter keine ausdrücklich abweichende Regelung vorsieht, daran, dass eine Vertragsübernahme zwischen Mieter 1 und Mieter 2 mit Zustimmung des Vermieters jederzeit möglich ist und diese Zustimmung des Vermieters formfrei erfolgen kann. In diesem Fall ist das Risiko hoch, den Mieterwechsel unkritisch zu begleiten. Anders formuliert: Der Vermieter oder die von ihm beauftragte Verwaltung hat im Falle eines Mieterwechsels, der zwischen Mieter 1 und Mieter 2 vereinbart wird, sorgfältig zu prüfen, ob im Zuge dieser Vereinbarung die Schriftform gewahrt wird. Deshalb sollten Gewerbemietverträge eine Regelung enthalten, die die Zustimmung des Vermieters zur Vertragsübernahme ausdrücklich davon abhängig macht, dass die Parteien des Mieterwechsels eine schriftformwahrende Vereinbarung zur Prüfung vorlegen.
 
Der hier beschriebene Fall hätte in drei Konstellationen vollzogen werden können:
 
Alternative 1
 
Mieter 1 und eintretender Mieter 2 vereinbaren den Mieterwechsel (das ist hier konkret passiert). In diesem Fall ist die Zustimmung des Vermieters formfrei möglich. Die Vereinbarung zwischen den Mietern muss die Schriftform wahren.
 
Alternative 2
 
Vermieter und ausscheidender Mieter vereinbaren den Mieterwechsel auf den neuen Mieter. In diesem Fall muss diese Vereinbarung natürlich auch der Schriftform genügen. Die erforderliche Zustimmung des eintretenden Mieters ist allerdings auch hier formlos möglich, etwa dadurch, dass er ab sofort zahlt und Ansprechpartner ist.
 
Alternative 3
 
Vermieter, Mieter 1 und Mieter 2 schließen einen formwahrenden Nachtrag zum Gewerbemietverhältnis über den Mieterwechsel in dreiseitiger Konstellation ab. Hier sitzen alle Beteiligten am Tisch; der Vermieter beherrscht nicht nur das Thema der Formwahrung, sondern auch das der Zustimmung des eintretenden Mieters.
 
Die letzte Alternative mag die etwas umständlichere, jedoch sicherste sein. Voraussetzung für die Schriftformwahrung ist und bleibt bei allen drei Alternativen, dass der Vermieter die Regeln der Schriftformwahrung kennt.

Tilo Krause
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht