Wenn der Auftraggeber (AG) in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät oder den Werklohn des Auftragnehmers (AN) nicht zahlt, stellt sich für diesen regelmäßig die Frage, welche Sicherheiten er für seine erbrachten oder noch künftigen Leistungen verlangen kann. In Betracht kommen die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek oder die Stellung einer Sicherheit – meist eine Bürgschaft. Die Sicherheiten schließen sich allerdings aus, können also nicht gemeinsam verlangt werden. Wir erläutern nachfolgend kurz einige wichtige und aktuelle Problempunkte:
I. Bauhandwerkersicherungshypothek, § 648 BGB
Ist der AG zugleich Eigentümer des Baugrundstücks, dann eröffnet sich die Möglichkeit eines gerichtlichen Eilverfahrens, im Rahmen dessen der Aufragnehmer im Grundbuch die Eintragung einer Vormerkung zur Erlangung einer Bauhandwerkersicherungshypothek nach § 648 BGB erreichen kann, und zwar in Höhe des noch offenen Werklohnes. Dies stellt insbesondere für Bauträger ein erhebliches Vermarktungshindernis dar. In aller Regel wird dem AG ein Weiterverkauf des Baugrundstücks mit einer solchen Belastung nicht gelingen. Daher hat der AG oftmals ein Interesse daran, dass die Eintragung der Vormerkung schnellstmöglich wieder gelöscht wird. In einer solchen Situation ist der AG erfahrungsgemäß früher zu einer vergleichsweisen Einigung auch über die offene Vergütung des AN bereit als im gewöhnlichen Klageverfahren, was sich über Jahre hinziehen kann.
Die Erlangung einer Sicherheit nach § 648 BGB im Eilverfahren ist also ein beliebter und oft auch effektiver Weg der Rechtsverfolgung.
1. AG = Baugrundstückseigentümer
Nun wird nach dem Gesetz allerdings die Identität von AG und Eigentümer des Baugrundstücks vorausgesetzt.
Umstritten ist, ob im Einzelfall von dem Erfordernis der Übereinstimmung von AG und Grundstückseigentümer abgesehen werden kann. Hierzu gibt es zahlreiche Rechtsprechung und Literatur, die enge Ausnahmevoraussetzungen dafür entwickelt haben, dass sich ein Baugrundstückseigentümer (obwohl er den Auftrag gar nicht erteilt) entsprechend der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wie ein AG behandeln lassen muss, wenn der AN wegen des Werklohns eine dingliche Sicherung gemäß § 648 BGB auf bzw. aus seinem Grundstück begehrt.
2. Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 08.05.2012
Ein gerade veröffentlichter Beschluss des OLG Düsseldorf vom 08.05.2012 (Az. 23 W 27/12) zeigt, wie hoch die Hürde liegt, um von solch einem Einzelfall ausgehen zu können.
a.
Das OLG Düsseldorf hat u. a. auf die notwendige wirtschaftliche Beherrschung des AG durch den Baugrundstückseigentümer verwiesen.
Hiervon dürfe man allerdings nicht ohne weiteres ausgehen, nur weil ein- und dieselbe Person zugleich als (bzw. als einer der) Gesellschafter und Geschäftsführer des AG und des Baugrundstückseigentümers fungiert (bzw. zumindest zeitweise in der Vergangenheit – insbesondere im Zeitpunkt der Anbahnung bzw. des Abschlusses des Bauvertrages – fungiert hat). Dass dem Baugrundstückseigentümer die Werkleistungen des AN zumindest mittelbar über Mietzahlungen zu Gute kommen, reiche ebenso nicht aus.
Das OLG Düsseldorf hat den AN auch nicht als schutzwürdig angesehen, da er sich – obgleich der Baugrundstückseigentümer bereits seit dem 18.06.2009 als Eigentümer des Baugrundstücks eingetragen war – am 16.11.2009 auf einen Bauvertrag mit dem AG eingelassen hat.
Dass der AN seinerzeit bei Vertragsschluss (irrtümlich) davon ausgegangen sein will, dass es sich bei dem AG um den Grundstückseigentümer des Baugrundstücks handele, spielt laut OLG Düsseldorf keine Rolle. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr obliege es jeder Vertragspartei, ihre Rechte durch eine entsprechende Vertragsgestaltung zu wahren.
b.
Das OLG Düsseldorf hat zudem mit Verweis auf den BGH klargestellt, dass eine lediglich "wirtschaftliche Betrachtungsweise" keineswegs ausreicht. Vielmehr müssten die Voraussetzungen eines Missbrauchsfalles bzw. einer gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung vorliegen, um vom grundsätzlichen Identitätserfordernis zwischen AG und Grundstückseigentümer im Rahmen von § 648 BGB in besonders gelagerten Einzelfällen ausnahmsweise absehen zu können.
c.
Schließlich – so das Gericht – seien auf § 242 BGB beruhende Ausnahmen von der grundsätzlichen Notwendigkeit der Identität zwischen AG und Grundstückseigentümer auch deshalb im Zweifel eher eng zu fassen, weil für den AN regelmäßig die Möglichkeit einer rechtzeitigen Absicherung der Werklohnforderung gegenüber dem AG gemäß § 648a BGB besteht.
II. Bauhandwerkersicherung gemäß § 648a BGB
Steht dem AN nicht der Weg über § 648 BGB offen (oder hält er ihn für wirtschaftlich sinnlos, z. B. weil schon weitere vorrangige Belastungen im Grundbuch eingetragen sind), bleibt noch das Verlangen nach einer Sicherheit (z. B. Bürgschaft) gemäß § 648a BGB.
Diese Regelung gewährt dem AN einen durchsetzbaren Anspruch auf Stellung einer Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen (= 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs).
Dabei bleiben Ansprüche, mit denen der AG gegen den Anspruch des AN auf Vergütung aufrechnen kann, bei der Berechnung der Vergütung unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Der AG kann sich also weder auf strittige mangelbedingte Gegenforderungen (Zurückbehaltungsrechte, Minderungen, Ersatzvornahmekosten etc.) noch auf beispielsweise strittige verzögerungsbedingte Mehrkosten berufen. Dies ist nach einer Gesetzesänderung bereits im Jahre 2009 ausdrücklich klargestellt worden, wird aber immer noch von vielen AG und auch AN übersehen.
Nach erfolglosem Ablauf einer gesetzten Frist von 7–10 Tagen zur Beibringung einer solchen Sicherheit kommt die Möglichkeit der Leistungsverweigerung oder sogar Kündigung mit den Rechtsfolgen der sog. „freien“ Auftraggeberkündigung in Betracht. Dies bedeutet, dass der AN seine Vergütung auch für den kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Leistungsteil abzüglich der ersparten Aufwendungen beanspruchen kann.
Überraschend ist, dass viele Baufirmen nicht einmal um das Bestehen dieser Möglichkeit wissen und wie viele falsche Vorstellungen in der Baubranche rund um die Vorschrift bestehen.