Verjährungsbeginn von Ansprüchen aus Gewährleistungsbürgschaften

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BGH, Urteil vom 11.09.2012 – XI ZR 56/11

Der Zahlungsanspruch aus einer Gewährleistungsbürgschaft beginnt bereits mit fruchtlosem Ablauf einer Frist zur Beseitigung eines Mangels nach Abnahme.

Problemstellung

Bauunternehmen stellen oftmals Gewährleistungsbürgschaften für die Dauer der vereinbarten Gewährleistungsfrist, um den sogenannten Bareinbehalt auszulösen. Auftraggeber müssen dabei wissen, dass die Ansprüche gegen den Gewährleistungsbürgen aus der Gewährleistungsbürgschaft unabhängig von den „normalen“ Mängelansprüchen verjähren. Hinzu kommt, dass die Verjährungsfristen für Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft kürzer sind als diejenigen für eigentliche Mängelansprüche. Für Letztere gilt i. d. R. - sofern nichts anderes vereinbart ist – bei VOB/B-Verträgen eine vierjährige Gewährleistungsfrist bzw. bei BGB-Verträgen eine fünfjährige. Ansprüche gegen den Gewährleistungsbürgen unterliegen jedoch der sogenannten Regelverjährung, die nur drei Jahre beträgt.

In der Rechtsprechung wurde bislang uneinheitlich entschieden, wann diese dreijährige Verjährung für den Anspruch gegen den Gewährleistungsbürgen überhaupt zu laufen beginnt. Insoweit wurde u. a. vertreten, dass die Verjährung erst mit Ablauf der zur Mangelbeseitigung gesetzten Frist, der Geltendmachung eines geldwerten Ersatzanspruchs beim Auftraggeber oder aber erst mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bürgen beginne. Es bestand deshalb bislang eine gewisse Rechtsunsicherheit bei der Berechnung der Verjährungsdauer für die Inanspruchnahme des Bürgen.

Dies hat der BGH nunmehr mit dem aktuellen Urteil geklärt.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass die Verjährung des Bürgschaftsanspruchs grundsätzlich mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld zu laufen beginnt. Da es vorliegend um Mängelansprüche nach Abnahme geht, reicht es insoweit nach Auffassung des BGH aus, wenn der Auftraggeber eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt hat und diese ergebnislos abgelaufen ist.

Insoweit bedarf es nach Auffassung des BGH nicht einmal einer Ablehnungsandrohung oder einer gesonderten Zahlungsaufforderung, beispielsweise gerichtet auf Erstattung der Selbstvornahmekosten oder auf einen Vorschuss, der zur Mangelbeseitigung verwendet werden soll.

Hinweise für die Praxis

Der BGH hat mit der Entscheidung nunmehr für Rechtsklarheit gesorgt. Sowohl Auftraggebern als auch Auftragnehmern sollte bewusst sein, dass die Verjährungen von Mängelbeseitigungsansprüchen und von Ansprüchen auf Zahlungen aus einer Gewährleistungsbürgschaft unabhängig voneinander laufen und die Bürgschaftsansprüche wesentlich kürzer verjähren als die Mängelansprüche.

Dies bedeutet, dass Ansprüche gegen den Bürgen bereits verjährt sein können, selbst wenn die fünfjährige Gewährleistungsfrist noch läuft. Sollte gegen Ende der fünfjährigen Gewährleistungszeit ein Auftragnehmer keine Mangelbeseitigungsarbeiten mehr durchführen oder diese endgültig ablehnen, beispielsweise auch im Fall einer Insolvenz, könnte der Bauherr mit leeren Händen dastehen, wenn auch Bürgschaftsansprüche verjährt sind. Insbesondere für den Fall, dass unmittelbar nach Abnahme Mängel mit Nachfristsetzung gerügt werden, die Frist aber ergebnislos abläuft, könnte die Situation eintreten, dass bereits mit Ablauf dieser Frist die dreijährige Verjährungsfrist der Bürgschaft zu laufen beginnt und die gestellte Sicherheit letztlich wertlos ist, wenn der Bürge zur Zahlung erst nach Ablauf der Frist aufgefordert wird.

Die Entscheidung des BGH sollten Auftraggeber zum Anlass nehmen, die Ihnen vorliegenden Gewährleistungsbürgschaften auf eine mögliche drohende Verjährung hin zu überprüfen. Da die Regelverjährung mit Ablauf des dritten Jahres nach Verjährungsbeginn endet, sollten gerade rechtzeig vor Jahresende vorliegende Bürgschaft entsprechend kontrolliert werden.

Sollte tatsächlich die Verjährung drohen, besteht die Möglichkeit, eine Vereinbarung über einen (befristeten) Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu treffen. Sollten sich die Bürgen hierauf nicht einlassen, müssten weitere verjährungshemmende Maßnahmen geprüft werden. Insoweit kommen insbesondere die Einreichung eines Mahnbescheides oder einer Klage in Betracht.

Aus der Sicht von Auftragnehmern kann sich eine entsprechende Prüfung ebenfalls lohnen. Möglicherweise sind Bürgschaften, die aufgrund bereits eingetretener Verjährung ohnehin nicht mehr in Anspruch genommen werden können, zurückzugeben, sodass auch die Kreditlinie des Auftragnehmers nicht weiter belastet werden muss.

Thorsten Krull
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Rechtsgebiet
Privates Baurecht
Rechtsgebiet
Architektenrecht