Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet

Bezirke verstärken Kampf gegen Verdrängung

Nach der letzten Wahl in Berlin entdecken die Berliner Bezirke offensichtlich weitere Instrumentarien, um der Gentrifizierung vorzubeugen.

So ist in den sogenannten „Milieuschutzgebieten“ (eigentlich: Erhaltungsgebiete gemäß § 172 BauGB) nicht nur für die Änderung, den Umbau und die Sanierung bestimmter Maßnahmen eine zusätzliche Genehmigung erforderlich. Vielmehr muss auch der Verkauf einer Immobilie geneh-migt werden. Sofern die Behörde bei der Prüfung in diesem Zusammenhang feststellen sollte, dass durch den Verkauf eine Verdrängung droht, kann sie ein ihr zustehendes Vorkaufsrecht wahrnehmen und ausüben.

Einige Bezirke, aktuell insbesondere Friedrichshain-Kreuzberg, gehen aber offensichtlich dazu über, den Käufern sogenannte Abwendungsvereinbarungen anzubieten. Diese haben dann beispielsweise den Inhalt, dass der bezirkliche Vorkauf dadurch vermieden wird, dass sich der Erwerber verpflichtet, auf bestimmte Sanierungsmaßnahmen für einen gewissen Zeitraum, in der Regel 20 Jahre, zu verzichten. Dies betrifft auch energetische Sanierungsmaßnahmen und damit letztlich die Möglichkeit, mietrechtlich zulässige Modernisierungsmaßnahmen vorzunehmen und höhere Mieten auf die Bewohner umzulegen.

Ob derartige Abänderungsvereinbarungen allerdings rechtlich zulässig sind, ist äußerst fraglich. Die Käufer werden dadurch in der Regel zu Maßnahmen verpflichtet, für die es ansonsten keine erkennbare wirksame Rechtsgrundlage gibt. Die Vereinbarung wird regelmäßig lediglich unter dem Druck der Verhältnisse bzw. der Marktsituation geschlossen.

Dennoch planen einige Berliner Bezirke, u. a. Friedrichshain-Kreuzberg und wohl auch Pankow die Ausweitung der Milieuschutzgebiete und kündigen die Ausnutzung von Vorkaufsrechten an. Dies bedeutet, dass auch Objekte, die bislang noch nicht in einem Milieuschutzgebiet liegen, künftig den Restriktionen des bezirklichen Vorkaufsrechtes unterliegen könnten.

Jedenfalls sind nach einem Beschluss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg momentan die Gebiete Mehringplatz, Askanisches Viertel, Andreasviertel, Traveplatz und Barnim-Kiez dahingehend zu untersuchen, ob dort soziale Erhaltungsgebiete ausgewiesen und festgesetzt werden sollen.

In Pankow sind nach Mitteilungen der IHK offensichtlich die Gebiete Pankow-Süd, Langhansstraße, Komponistenviertel, Danziger Straße Mitte und Danziger Straße Ost im Fokus der weiteren Betrachtungen. Die entsprechenden Dokumente können Sie hierüber erreichen.

Vermieden werden könnte dies wohl nur, wenn Objekte bereits vor Inkrafttreten einer entspre-chenden Erhaltungsverordnung in Wohneigentum aufgeteilt worden sind. In einem solchen Fall würde das Vorkaufsrecht nicht greifen.

Erschwerend kommt in diesem Zusammenhang hinzu, dass in Berlin aktuell noch das Umwand-lungsverbot gilt. Dieses besagt wiederum, dass in Milieuschutzgebieten die Aufteilung in Wohneigentum unter einem Genehmigungsvorbehalt steht und die Genehmigung nur in bestimmten gesetzlich definierten Fällen erteilt werden muss.

Nähere Informationen zum Umwandlungsverbot erhalten Sie hier.

Letztlich können sich Eigentümer vor der Ausübung des Vorkaufsrechtes dadurch schützen, dass sie betroffene Objekte vor Inkrafttreten einer Milieuschutzverordnung aufteilen.

Zumindest kann es sich im Einzelfall anbieten, in den hier erwähnten Gebieten, in denen die Aufstellung einer sozialen Erhaltungsverordnung „droht“, entsprechende vorbeugende Maßnahmen einzuleiten. Hierzu kann beispielsweise gehören, eine Vormerkung zugunsten Dritter bezüglich des Erwerbs von Wohnungs-/Teileigentum im Grundbuch eintragen zu lassen. Nach den gesetzlichen Regelungen des § 172 BauGB wäre in einem solchen Fall die Genehmigung zur Aufteilung des Objektes auch nach Inkrafttreten einer Milieuschutzverordnung/dem Umwandlungsverbot zu erteilen.

Sofern Sie hierzu weitere Fragen haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Tilo Krause
Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Fachanwalt für Arbeitsrecht
Daniel Creutzburg
Rechtsanwalt und Notar Fachanwalt für Arbeitsrecht