Der Auftragnehmer, der die Herstellung eines Bauwerks schuldet, hat grundsätzlich nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu arbeiten. Das gilt auch dann, wenn dies im Vertrag nicht ausdrücklich geregelt ist.
Ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik liegt immer dann vor, wenn der Auftragnehmer solche technischen Regeln nicht beachtet, die sich in der Wissenschaft als richtig durchgesetzt und die sich in der Baupraxis als richtig bewährt haben.
Die Parteien können allerdings auch eine Bauausführung vereinbaren, die von den anerkannten Regeln der Technik abweicht, ohne dass deren Mindeststandard gewährleistet wird. Hieran sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen:
Der Auftragnehmer muss den Auftraggeber auf das mit der Nichteinhaltung verbundene Risiko hinweisen, es sei denn, es ist diesem bekannt oder es ergibt sich ohne weiteres aus den Umständen (BGH, Urteil vom 17.05.1984, Az. VII ZR 169/82). Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Auftragnehmer nicht erprobte und bewährte neue Baustoffe oder Bauweisen anwenden will. Ohne eine entsprechende Aufklärung kommt eine rechtsgeschäftliche Zustimmung dazu, dass abweichend von den anerkannten Regeln der Technik gearbeitet wird, regelmäßig nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 04.06.2009, Az. VII ZR 54/07).
Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte kürzlich über einen Fall zu entscheiden (siehe OLG München, Urteil vom 26.02.2013, Az. 9 U 1553/12 Bau, IBRRS 2014, 0617), in dem der Auftragnehmer in die Baubeschreibung ausdrücklich eine Bauausführung mit aufgenommen hatte, die von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweicht. Hinsichtlich des Gewerkes Heizung sah die Baubeschreibung insoweit vor, dass Gäste-WC, Windfang und Flur im Erdgeschoss einen Heizkreis bilden. Laut den Feststellungen des zu Rate gezogenen Sachverständigen entsprach es in dem Fall allerdings nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit WC und Flur keine getrennten Heizkreise haben.
Solche Fallkonstellationen kommen in der Praxis häufig vor: Es wird ausdrücklich etwas vereinbart, was den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht entspricht.
Das OLG München stellte in dem zur Entscheidung vorliegenden Fall klar, dass eine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik nur bei ausdrücklicher Klarstellung, dass von den Regeln der Technik abgewichen wird, in Betracht kommt. Nachdem dies nicht der Fall war, sei der Vertrag widersprüchlich und verstoße gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Klausel, die die Abweichung von der Regel der Technik vorsieht, sei daher unwirksam. Damit liege ein Mangel vor und die Heizkreise seien zu trennen.
In aller Regel wird der bloße Hinweis darauf, dass von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgewichen wird, nicht ausreichend sein. Der Auftragnehmer wird sich auch grundsätzlich nicht bloß darauf beschränken dürfen, dem Auftraggeber die Unterschiede zwischen der herkömmlichen Herstellung und der davon abweichenden Ausführungsart zu erläutern. Vielmehr wird der Auftragnehmer regelmäßig umfassend darüber aufzuklären haben, welche Risiken und Folgen eine nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Ausführung mit sich bringen kann.