Immobilienverrentung – Chance oder Risiko?
Den Lebensabend ohne finanzielle Sorgen in den eigenen vier Wänden genießen, dass ist der Wunsch vieler Menschen. Welche Möglichkeiten gibt es, das Eigenheim zu Lebzeiten vergolden zu lassen und dennoch die Annehmlichkeiten des vertrauten Umfelds nicht zu verlieren? Mit dem nachfolgenden Beitrag möchte ich Ihnen einen Überblick verschaffen.
Die Immobilienverrentung, auch als Immobilienrente oder Hausverkauf auf Rentenbasis bekannt, bietet älteren Menschen eine Möglichkeit, ihr Eigenheim zu monetarisieren und gleichzeitig weiterhin darin zu wohnen. Diese Option kann besonders attraktiv sein, wenn das Einkommen im Ruhestand nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu halten. Gründe hierfür sind steigende Lebensmittel- und Energiepreise, eine drohende Grundsteuererhöhung oder die Notwendigkeit von Instandhaltungsmaßnahmen, allen voran beispielsweise die Installation einer neuen Heizungsanlage. Doch auch ohne Not kann eine Verwertung der Immobilie attraktiv erscheinen. Die gängigsten Modelle sind ein Gesamt- oder Teilverkauf gegen monatliche Rentenzahlungen oder Einmalzahlung nebst Einräumung von zeitlich befristeten oder lebenslangen Nutzungsrechten. Alternativ kommt die Inanspruchnahme einer sog. Umkehrhypothek in Betracht.
Doch halten die Verrentungsmodelle, was Werbeprospekte versprechen? Trivial ist die Umsetzung der einfach daherkommenden Werbeversprechen nicht. Auch wenn ein stolzes Guthaben auf dem Bankkonto winkt, sollten Sie die Modelle einer genauen Prüfung unter Berücksichtigung aller rechtlichen, wirtschaftlichen und familiären Konsequenzen unterziehen sowie unabhängigen Expertenrat einholen, um eine maßgeschneiderte Gestaltung zu erreichen. Denn es wäre mehr als ärgerlich, im Nachgang von ungeplanten Kosten, Zinsen und Steuern überrascht zu werden. Trägt der Anbieter Notar- und Grundbuchkosten? Was sehen die Vertragsklauseln zu den laufenden Kosten der Immobilie, beispielsweise für den Schornsteinfeger vor? Welche Reparaturen sind vom Eigentümer, welche vom Nutzer der Immobilie zu tragen?
Häufig tritt eine erste Ernüchterung bereits ein, wenn Anbieter die Höhe der Einmalzahlung gegen Übertragung der Immobilie, quasi den Kaufpreis, auf den konkreten Fall berechnen. Dieser Betrag ermittelt sich auf Grundlage einer Gesamtkalkulation, u.a. anhand Alter, Geschlecht der Bewohner sowie Risikofaktoren und erreicht oft nicht einmal die Hälfte des Verkehrswerts der Immobilie. Hinzukommt im nächsten Schritt noch der Wert eines lebenslang oder zeitlich befristet eingeräumten Nutzungsrechts. Schließlich muss das gesamte Sicherungsgerüst tragfähig sein. Ist mein Vertragspartner dauerhaft liquide? Kann ich mich auf langfristige Rentenzahlungen und das Recht, lebenslang in der Immobilie zu bleiben, auch wirklich verlassen? Wie sichere ich mich ab?
I. Übersicht der gängigen Immobilienverrentungsmodelle
Grundsätzlich bietet die Immobilienverrentung eine interessante Möglichkeit, das in Immobilien gebundene Kapital im Alter zu nutzen, doch eine individuell angepasste, sichere und transparente Gestaltung sollte das Maß der Dinge sein. Bereits vorab sollte geprüft werden, ob zwischen An- und etwaigem Verkauf der Immobilie ein Zeitraum von weniger als zehn Jahren liegt (Spekulationsfrist bei privaten Veräußerungsgeschäften). Ist dies der Fall, könnte im Nachgang die Forderung einer sogenannten Spekulationssteuer durch das Finanzamt drohen.
1. Gesamt- oder Teilverkauf nebst Nutzungsregelung
a) Gesamtverkauf gegen Einmalzahlung/Leibrente und Wohnungsrecht
Bei dem Leibrentenmodell verkauft der Eigentümer seine Immobilie und erhält im Gegenzug eine lebenslange monatliche Rente kombiniert mit einem im Grundbuch eingetragenen (lebenslangen oder zeitlich befristeten) Wohnungsrecht. Auch eine Einmalzahlung ist möglich. Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente, also der Eingehung einer langfristigen Partnerschaft mit dem Erwerber, sollte die Zahlung im Grundbuch durch eine sog. Reallast gesichert werden.
Ablauf im Einzelnen:
Der Eigentümer und der Käufer schließen einen Vertrag ab, in dem die Bedingungen der Leibrente festgelegt werden. Dieser Vertrag wird notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen. Regelmäßig behält der Verkäufer ein lebenslanges Wohnrecht an der Immobilie. Das bedeutet, dass er weiterhin in seinem Zuhause wohnen kann, obwohl das Eigentum auf den Käufer übergeht.
Der Käufer zahlt dem Verkäufer eine monatliche Rente bis zu dessen Lebensende. Diese Zahlungen können je nach vertraglicher Ausgestaltung monatlich, vierteljährlich oder jährlich erfolgen. Die Höhe der monatlichen Rente wird auf Basis des Immobilienwerts, des Alters und der Lebenserwartung des Verkäufers berechnet. Je älter der Verkäufer, desto höher ist in der Regel die monatliche Rente.
In der Regel übernimmt der Käufer die Instandhaltungskosten der Immobilie. Dies kann im Vertrag individuell geregelt werden. Insbesondere sollte bei älteren Immobilien geklärt sein, wer die Kosten einer neuen Heizungsanlage zu tragen hat.
Steuerliche Behandlung:
In steuerlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Leibrentenzahlungen, die der Verkäufer erhält, grundsätzlich als sonstige Einkünfte steuerpflichtig sind. Dabei wird allerdings ausschließlich der sogenannte Ertragsanteil, welcher für die Dauer der Renteneinkünfte konstant bleibt, versteuert. Die Höhe des Ertragsanteils ist vom Alter des Leibrentenempfängers zu Beginn der Rentenzahlung abhängig, wird also mit fortschreitendem Eintrittsalter geringer:
Rentenbeginn mit 55 Jahren = Ertragsanteil bei 26 Prozent
Rentenbeginn mit 65 Jahren = Ertragsanteil bei 18 Prozent
Rentenbeginn mit 75 Jahren = Ertragsanteil bei 11 Prozent
Das Finanzamt summiert den steuerpflichtigen Anteil der Leibrente zum steuerpflichtigen Teil der gesetzlichen Altersrente. Es sollte daher vorab die künftige Steuerlast ermittelt werden, denn gegebenenfalls kann es durch die Zahlung der Leibrente zusätzlich zur Altersrente zu einer Überschreitung von Grundfreibeträgen kommen.
b) Gesamtverkauf gegen Einmalzahlung/Leibrente und Nießbrauchrecht
Wie unter lit. a) verkauft der Eigentümer die Immobilie und erhält eine Einmalzahlung oder Leibrente. Im Gegenzug wird ein lebenslanges Nießbrauchrecht zu Gunsten des Verkäufers im Grundbuch eingetragen. Das Nießbrauchrecht räumt dem Berechtigten ein weitergehendes Nutzungsrecht als ein Wohnungsrecht ein. Beispielsweise kann der Nießbrauchberechtigte die Immobilie fremdvermieten und die Mieteinnahmen für etwaige Pflegeheimkosten verwenden.
c) Gesamtverkauf mit Rückvermietung
Hierbei verkauft der Eigentümer die Immobilie vollständig und erhält eine Einmalzahlung, es handelt sich folglich nicht um eine Verrentung der Immobilie im eigentlichen Sinne. Gleichzeitig wird ein (lebenslanger oder zeitlich befristeter) Mietvertrag abgeschlossen und der Verkäufer zahlt künftig eine Warmmiete an den Käufer, seinen Vermieter. Eine zusätzliche Sicherung des Nutzungsrechts durch Eintragung im Grundbuch erfolgt nicht.
Mieterhöhung:
Transparent sollten etwaige Mieterhöhungen sein, um diese in die Gesamtkalkulation einbeziehen zu können. Einige Anbieter sehen fixe Mieten für befristete Zeiträume, beispielsweise fünf Jahre, vor.
Sicherung der langfristigen Nutzungsmöglichkeit:
Vertraglich können zum Schutz des Mieters beispielsweise die ordentliche Kündigung und die Eigenbedarfskündigung (gegebenenfalls befristet) ausgeschlossen werden.
d) Teilverkauf gegen Einmalzahlung/Rente
Beim Teilverkauf verkauft der Eigentümer einen Teil der Immobilie an einen Investor und erhält dafür eine Einmalzahlung oder eine monatliche Rente. Der Verkäufer bleibt weiterhin Miteigentümer und kann das Haus nutzen. Dies bietet Flexibilität und die Möglichkeit, nur einen Teil des Immobilienwertes zu liquidieren, birgt jedoch auch die Gefahr einer Teilungsversteigerung, sodass es auf eine genaue Prüfung der Vertragsregeln im Einzelfall ankommt.
Teilverkauf:
Beim Teilverkauf wird also, wie der Name schon sagt, nur ein Teil der Immobilie (in der Regel bis zu 50 Prozent) veräußert. Es verbleibt der Miteigentumsanteil. Dies bedeutet auch, dass man von einer möglichen Wertsteigerung der Immobilie profitieren kann.
Keine Schuldenlast:
Beim Teilverkauf entsteht keine Schuldenlast, die zurückgezahlt werden muss. Dies kann besonders im Alter eine große finanzielle Entlastung darstellen. Gleichzeitig kann der Familienfrieden gestört werden, wenn sich Erben mit einem Miteigentümer auseinandersetzen müssen. Eine Gestaltungsmöglichkeit, derartige Auseinandersetzungen zu vermeiden, kann die Einräumung von Vorkaufsrechten sein.
2. Umkehrhypothek, tilgungsfreies Darlehen
Bei der Umkehrhypothek nimmt der Eigentümer bei einer Bank oder Versicherung ein Darlehen auf, das durch den Wert der Immobilie gesichert ist. Die Auszahlung erfolgt in Form einer monatlichen Rente, die Schuldenlast steigt folglich mit der Zeit an. Dies ist die Umkehr der üblichen Finanzierung nebst Grundschuldbestellung, welche für den Kauf einer Immobilie gewährt, vollständig ausgekehrt und das Darlehen sodann als Annuität über viele Jahre zurückgezahlt wird. Bei der Umkehrhypothek muss das Darlehen nebst aufgelaufener Zinsen erst bei Verkauf der Immobilie oder nach dem Tod des Eigentümers zurückgezahlt werden und zwar in der Höhe, die sich aus den ausgezahlten Renten bis zum Todeszeitpunkt ergibt. Dies ermöglicht im Gegensatz zu den vorbeschriebenen Modellen den Zugang zu liquiden Mitteln, ohne das Eigenheim sofort verkaufen zu müssen.
Steigende Schuldenlast:
Bei einer Umkehrhypothek steigen die Schulden im Laufe der Zeit, da Zinsen und Gebühren auf den ursprünglichen Kreditbetrag aufgeschlagen werden. Dies kann dazu führen, dass die Schulden den Wert der Immobilie übersteigen.
Niedriger Beleihungswert und hohe Kosten:
Der Beleihungswert bei einer Umkehrhypothek ist oft niedriger als der tatsächliche Marktwert der Immobilie. Banken setzen Sicherheitsabschläge an, um ihr Risiko zu minimieren, was bedeutet, dass der Darlehensbetrag geringer ausfällt.
Die Kosten für eine Umkehrhypothek können hoch sein. Dazu gehören Zinsen, Gebühren für die Kreditaufnahme und eventuell auch Versicherungen. Diese Kosten reduzieren den Nettobetrag, den der Eigentümer erhält.
Rückzahlungsverpflichtung:
Die Umkehrhypothek muss üblicherweise zurückgezahlt werden, wenn der Eigentümer verstirbt oder die Immobilie verkauft wird. Einige Angebote von Banken und Versicherungen sehen Befristungen vor, um das Langlebigkeitsrisiko auszuschließen.
Da die Schulden im Laufe der Zeit steigen, kann auch dieses Modell das Erbe erheblich schmälern. Im schlimmsten Fall bleibt für die Erben wenig bis gar nichts übrig, insbesondere dann, wenn für die Darlehenstilgung die Immobilie kurzfristig veräußert werden muss.
Vertragsabhängigkeit
Die Bedingungen der Umkehrhypothek sind vertraglich festgelegt und können schwer zu ändern sein. Dies kann die Flexibilität einschränken, falls sich die Lebensumstände ändern.
II. Vorteile und Risiken der Immobilienverrentung
Zunächst wollen wir uns mit den Vorteilen der Immobilienverrentung befassen, bei denen es sich insbesondere um die nachstehend genannten handelt:
- Die Immobilienverrentung bringt finanzielle Sicherheit durch regelmäßige Rentenzahlungen oder eine Einmalzahlung, gebundenes Kapital wird freigesetzt.
- Die meisten Modelle ermöglichen die lebenslange Weiternutzung des eigenen Zuhauses durch Einräumung eines (dinglich gesicherten) Nutzungsrechts.
- Verschiedene Modelle bieten unterschiedliche Grade an Flexibilität und Liquidität.
- In einigen Fällen können steuerliche Vorteile genutzt werden.
Die Risiken der Immobilienverrentung sind nicht unerheblich und sollten gut bedacht werden. Vor allem folgende Aspekte können sich als problematisch erweisen:
- Bei vielen Modellen der Immobilienverrentung, wie dem Komplett- oder Teilverkauf, geht das Eigentum ganz oder teilweise auf den Käufer über, was bedeutet, dass die Immobilie nicht mehr vererbt werden kann.
- Der Verkaufspreis bei einer Immobilienverrentung ist oft niedriger als der Marktwert der Immobilie, da der Käufer das Risiko und die Kosten der lebenslangen Rentenzahlungen übernimmt und einen Wohnwert mit regelmäßig offenem Laufzeitende einpreist.
- Teilweise vermitteln Anbieter lediglich an Investoren, die die Immobilie erwerben, mit der Folge, dass man seinen Vertragspartner nicht wirklich kennt.
- Es fallen in unterschiedlicher Art und Höhe Gebühren, laufende Kosten und gegebenenfalls auch Zinsen an.
- Monatliche Rentenzahlungen müssen anteilig als Einkommen versteuert werden.
- Bedingungen der Immobilienverrentung sind vertraglich festgelegt und können schwer zu ändern sein; dies kann die Flexibilität einschränken, falls sich die Lebensumstände ändern.
- Durch die Immobilienverrentung kann eine Störung des Familienfriedens herbeigeführt werden, wenn sich Erben benachteiligt fühlen.
- steuerliche Nachteile
III. Fazit
Die Immobilienverrentung bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, um im Alter finanziell abgesichert zu sein und gleichzeitig im eigenen Zuhause zu bleiben. Ohne die Beratung eines unabhängigen Experten laufen Sie allerdings Gefahr, wesentliche Risiken zu übersehen und sich unabänderbare Nachteile einzuhandeln, die die Vorteile übersteigen - letztlich also den gewünschten Zweck gerade nicht erfüllen.